Dass die Friedenskirche für drei Wochen zur Vesperkirche wird, ist nur möglich, weil viele Helfer ihre Freizeit opfern oder Urlaub nehmen, um Geschirr zu spülen, Essen zu servieren, zu reden und zuzuhören. Ein Selbstversuch.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Wer sagt eigentlich, dass Ehrenamtliche nicht auch Lampenfieber haben? Die alten Hasen im Team der Vesperkirche haben es natürlich nicht. Die sorgen wie Gerhard Ernst in der Geschirrküche im Kirchenkeller dafür, dass es immer genügend saubere Teller gibt. Oder sie weisen höflich aber bestimmt wie Anne Metze die frisch gekürten Servicekräfte an, wer frische Gläser auf den Tisch stellt, und wer das benutzte Geschirr entgegen nimmt. Es müssen viele Rädchen ineinander greifen, damit der Laden reibungslos läuft. Es gibt hier ein Team für fast alles: fürs Café, die Spülküche, die Essensausgabe. Ich bin für den Service eingeteilt – und warte voller Spannung, dass es losgeht .

 

Von Schürzenausgabe bis Händewaschen

60 Helfer sitzen um 10.30 Uhr auf der Empore. Die Organisatorin der Vesperkirche, Bärbel Albrecht, begrüßt dort täglich die Ehrenamtlichen. Ein festes Ritual. Ein bisschen seelisches Rüstzeug für den Tag gibt es dort im Stuhlkreis und viele Infos von der Ausgabe der Schürzen bis zur Notwendigkeit des häufigen Händewaschens. Vesperkirche – das ist auch die Einhaltung von furchtbar vielen Vorschriften.

Neulinge wie ich fragen sich indes, ob es ihnen gelingen wird, die Suppe unbeschadet zu servieren. Es ist der zweite Tag der Vesperkirche und meine Premiere. Mich beschäftigt diese nebensächliche Frage durchaus, obwohl ich weiß, dass es hier eigentlich um anderes geht. Florian Indenbirken vertieft sich sonst in die Kunstgeschichte. Der 33-Jährige wird am Nachmittag das Bandnudel-Problem gelöst haben. 337 Essen hat er dann zusammen mit anderen Helfern ausgegeben. Jetzt kann er die aneinanderklebenden Nudeln aus den großen Essensbehältern so portionieren, dass es gerecht und ansehnlich zugeht. Nudeln, die über den Tellerrand hängen, bekommen einen Stups von der behandschuhten Hand. Die Vesperkirche trägt in vielerlei Hinsicht zur Horizonterweiterung bei.