Die eigentlich frei zugängliche Kleintierkörpersammelstelle des Landkreises ist ein spezieller Ort, der für viele Leute unbekannt und fast geheim ist. Denn niemand traut sich so richtig dorthin. Denn dort warten tote Haustiere auf ihre Entsorgung.

Ludwigsburg - Es fällt nicht ins Auge, das unspektakuläre, weiße Schild an der B27 in Höhe Eglosheim. Doch das, was darauf zu lesen ist, irritiert. „Kleintierkörpersammelstelle“. Wer dem Schild folgt, der wird an Sportplätzen vorbei auf engen Wegen am Feldrand zu einem weißen Haus neben der Kläranlage Ludwigsburg-Eglosheim geleitet. Fast pittoresk kommt es daher – umrankt von herabhängenden Ästen und Efeu. Doch spätestens wenn der Besucher dann das auffallende Schild über der metallenen Eingangstür entziffert, ist Schluss mit der aufkeimenden Idylle: Kleintier-Kadaver-Sammelstelle verkünden hier schwarze Versalien auf gelbem Grund. Hier können Tierbesitzer ihre verstorbenen Lieblinge abliefern. Für jemanden, der selbst seit vielen Jahren Haustiere besitzt, ist das eher eine gruselige Vorstellung, die nicht dazu ermutigt, den großen schwarzen Türgriff zu betätigen.

 

Um das Unvermeidliche etwas hinauszuschieben, inspiziert man vielleicht erst einmal die Fassade. Links führt ein gekachelter Weg zu zwei Metallluken in Sichthöhe, über die man ebenfalls seine Kleintiere ins Innere geben kann. Aber nur ohne Verpackung, heißt es auf einem Aushang: Die Kleintiere sind aus der Hülle zu nehmen, die Verpackung muss nebenan entsorgt werden. Auf einer Metallplakette zwischen den Stahlverschlüssen ausdrücklich aufgeführt ist denn auch, was verboten ist. Keine Tierteile, Schafe, Ziegen, Rinder, Schlachtabfälle oder gewerbliche Tierkadaver dürfen hineingeworfen werden, auch kein Wild oder gar Verwesendes.

Das Schild an der Tür stammt aus der DM-Zeit

Dass das Schild etwas älter ist, zeigt der Strafpassus. Für eine solche Ordnungswidrigkeit und die Folgeschäden seien 30 000 Deutsche Mark zu berappen. Auch die Öffnungszeiten, Montag bis Donnerstag 14 bis 16 Uhr, gelten derzeit nicht. Die Sammelstelle sei rund um die Uhr zugänglich, weiß ein Mitarbeiter der angrenzenden Kläranlage. Denn Betroffene sollen stets ihre Tiere bringen können, zudem könne die Stelle nicht dauerhaft überwacht werden. Der Mann wirft aber immer wieder ein Auge auf die Sammelstelle, die zum Ordnungsamt gehört.

Die Anlage selbst wiederum wird vom Landkreis als Service für die Bürger betrieben, heißt es bei der Stadt Ludwigsburg. Letztere stelle nur die Örtlichkeit zur Verfügung. Von dort schließlich holt alle 14 Tage ein Laster des Zweckverbands Tierische Nebenprodukte Neckar-Franken die Tiere ab, um sie in Hardheim im Odenwald zu beseitigen, während dann in Eglosheim der Mitarbeiter der Kläranlage das Innere reinigt und desinfiziert – mit einem biologischen Mittel auf Zitrusbasis. „Pro Tag werden etwa zwei Kleintiere hergebracht“, sagt er. „Aber hier wird schon mal nachts oder nach Feierabend Unerlaubtes abgelegt.“

Füchse gehören nicht in den Abfallbehälter

Wer es trotz der Erläuterungen wagt, das Innere zu inspizieren, dem weht ein kalter Hauch gemischt mit einem leicht süßlichen Geruch entgegen, kaum haben sich die Türflügel geöffnet. „Hier herrschen Kühlschranktemperaturen, um den Verwesungsprozess aufzuhalten“, heißt es. Kacheln verkleiden den Raum, zwei große Mülleimer, die mindestens 1000 Liter Volumen haben, stehen auf der Innenseite vor den beiden Luken. Dahinter sind die starren, verrottenden Körper einer Ziege und eines Fuchses auszumachen. „Der Fuchs dürfte hier nicht hier drin sein“, erklärt der Mitarbeiter. Dafür gebe es den Extraeimer, sagt Monika Spieck-Kächele, die als Veterinärin des Landkreises auch für den Verbraucherschutz zuständig ist. Aber der gelte nur für Füchse, die verhaltensauffällig gewesen seien. Normalerweise würden die Tiere im Wald verrotten. „Wir obduzieren nicht mehr alle Füchse, da Deutschland, damit auch der Landkreis tollwutfrei ist.“

Die eigentlich zugängliche Kleintierkörpersammelstelle des Landkreises ist ein solch spezieller Ort, dass sie vielen unbekannt und fast geheim ist. Wie erklärt sich die Veterinärin dann, dass der Fuchs und die Ziege in einer Box gelandet sind? Das könne Unfallwild gewesen sein, meint die Tierärztin. Manchmal fänden zudem Bürger verendete Tiere und wüssten nicht, wohin damit. „Auch Hobbyziegenhalter geht das mitunter so“, sagt Spieck-Kächele. „Das ist oft keine böse Absicht, nur Unwissenheit.“ Landwirte müssten ihre Tiere von der Tierkörperbeseitigung direkt abholen lassen, ebenso Jäger. Die wüssten das aber.

Und der Besucher überlässt Fuchs und Ziege ihrem weiteren Schicksal. Ohne Zweifel, ein Besuch an diesem Ort geht unter die Haut. Auch wenn jeder weiß, dass es ohne die Einrichtung nicht geht.

Nach dem Haustiertod

Tiertod
Tote Haustiere dürfen nur auf dem eigenen Grundstück unter einer mindestens 50 Zentimeter starken Erdschicht begraben werden, wenn dieses in keinem Wasserschutzgebiet und nicht in unmittelbarer Nähe öffentlicher Wege und Plätze liegt. Sie können zudem auf zugelassenen Plätzen, also Tierfriedhöfen, bestattet oder an Tierkrematorien abgegeben und dort eingeäschert werden. Wenn all dies nicht möglich ist, muss das Tier in einer Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt werden.

Sammelstellen
Land- und Stadtkreise sind in Baden-Württemberg verpflichtet, tote Tiere zu beseitigen. Dazu wurden Zweckverbände gebildet, die bestimmte Tierische Nebenprodukte abholen, sammeln, beseitigen oder verarbeiten. Der Landkreis Ludwigsburg gehört zum Zweckverband Tierische Nebenprodukte Neckar-Franken. Die Städte Ditzingen, Marbach, Ludwigsburg und Vaihingen/Enz haben als Bürgerservice Kleintierkadaversammelstellen eingerichtet. Die Standorte: Städtischer Betriebshof Ditzingen, Kläranlage Ludwigsburg-Eglosheim, Gruppenklärwerk Haldenmühle in Marbach, Sammelkläranlage Vaihingen/Enz.