Gesichter des Krieges: Berthold Elsas ist einer von sechs gefallenen jüdischen Soldaten aus der Stadt. Als einziger von ihnen ist er in Ludwigsburg beigesetzt. Für alle aber gilt: sie gingen in Treue für ihr Vaterland in den Krieg.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Zur Zeit des Ersten Weltkrieg gehören sie noch selbstverständlich dazu – in Wirtschaft, städtischem Leben und bei Militär. Von den 222 Ludwigsburger jüdischen Glaubens nehmen denn auch 38 am Großen Krieg teil. So berichtet es Joachim Hahn in seiner Abhandlung zum Thema „Jüdisches Leben in Ludwigsburg“. 30 von den 38 Männern unterschiedlichen Alters werden ein- oder mehrmals ausgezeichnet, 19 befördert. Verwundet werden zehn Soldaten. Sechs sterben auf dem Schlachtfeld.

 

Einer der Toten ist Berthold Elsas. Er ist der Sohn des Ludwigsburger Fabrikanten Adolf Elsas und dessen Frau Fanny. Adolf Elsas ist Teilhaber der Mechanischen Buntweberei Elsas & Söhne. Die Familie lebt in der Marstallstraße 4 in der Unterstadt.

Zwei Auszeichnungen für Berthold Elsas

Berthold Elsas wird gleich zweimal mit einem Orden dekoriert. Sowohl das Eiserne Kreuz Erster als auch Zweiter Klasse werden ihm verliehen. Doch die beiden Orden bewahren ihn nicht vor dem Soldatentod. Elsas stirbt am 29. März 1916 „im Sturmangriff bei Malancourt“, einem kleinen Örtchen in der Gegend von Verdun gelegen. So steht es in der Gedenkschrift, welche die am Grab gesprochenen Worte Alexander Adelsheimers, des Vorsängers der israelitischen Gemeinde, wiedergibt.

Elsas Einsatz beginnt kurz nach der Kriegserklärung und der Mobilmachung am 5. August 1914. Er ist Leutnant der Reserve und dient zum Zeitpunkt seines Todes in der zwölften Kompanie des Landwehrinfanterieregiments 121. Geboren am 3. August 1885 wird Elsas nur 30 Jahre alt. Zweimal wird er bei seinem Kriegseinsatz verwundet. Und jedes Mal geht er zurück an die Front. Obwohl auf ihm die Hoffnungen der Familie liegen, das Unternehmen in die Zukunft zu führen. Elsas ist zum Zeitpunkt seines Einsatzes bereits in die Fabrik eingestiegen. 1916 ahnt noch niemand, dass die Nationalsozialisten ihn und seine Familie keine zwei Jahrzehnte später, wenn nicht ermordet so doch ihres Besitzes beraubt hätten und jeder Einsatz für die Firma Makulatur gewesen wäre.

Um 8 Uhr früh traf ihn die Kugel

Für den später Gefallenen ist, so beschreibt es Alexander Adelsheimer, „als an jenem unvergesslichen Abend des 1. August 1914 der Krieg zur Tatsache geworden war“, klar, dass nun alle eigenen Pläne, Gedanken und Hoffnungen nebensächlich seien. Nun gelte nur noch ein großer Gedanke, nämlich „fürs Vaterland zu streiten und wenn’s sein muss zu sterben“. Genauso kam es. Wie sehr Berthold Elsas den Vaterlandsgedanken verinnerlicht hat, zeigt ein Blick in seine Briefe, die er von der Front schreibt. Stundenlang harrt er mit seinen Männern im Stollen aus. Im letzten Schreiben, wohl eine Viertelstunde vor Beginn des Angriffs verfasst, heißt es: „Ich lasse langsam fertig machen, die Nerven sind auf dem Siedepunkt – da ist’s Zeit hervorzubrechen. Mit Gott für König und Vaterland!“ Es ist acht Uhr früh, als ihn die Kugeln treffen.

Schwerverletzt durch Brust- und Bauchschüsse bringt man Elsas noch in das Feldlazarett von Romagne-sous-Montfaucon. „Das erste Mal hat es mich leicht, das zweite Mal schwer getroffen, nun kostet es mein Leben – grüßet mir meine Eltern“, sollen seine letzten Worte gewesen sein.

Ein Denkmal für die gefallenen jüdischen Soldaten

Berthold Elsas ist der einzige der im Krieg gefallenen Ludwigsburger Juden, der auch in seiner Heimatstadt beigesetzt wird. Am 30. April 1916 findet die Beerdigung statt. Die anderen Toten seiner Gemeinde liegen dort, wo sie gestorben sind. Wie stark aber der Zusammenhalt von Christen und Juden in Ludwigsburg noch 1927 war, zeigt die Einweihung eines Ehrenmals für die sechs Gefallenen der jüdischen Gemeinde auf dem neuen israelitischen Friedhof. Anwesend waren neben vielen anderen Repräsentanten des öffentlichen Lebens Mitglieder des Gemeinderats, die Dekane der evangelischen und katholischen Kirche. Nur weniger Jahre besteht dieser Konsens nicht mehr.