Mehrere Polizeidirektionen im Land sollen dicht gemacht werden. Die Stuttgarter Zeitung sprach mit dem Ludwigsburger Polizeidirektor Frank Rebholz über die Folgen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Welche Standorte werden geschlossen, welche nicht? Das Land will Polizeipräsidien und -direktionen zusammenlegen. Die Stuttgarter Zeitung sprach mit dem Leitenden Polizeidirektor Frank Rebholz über die Sorgen seiner Mitarbeiter in Ludwigsburg, Sparmaßnahmen – und das erfreuliche Ergebnis einer Umfrage.

 

Herr Rebholz, das Innenministerium will die 37 Polizeidirektionen und -präsidien im Land zu zwölf Regionalpräsidien verschmelzen. Sind Sie nervös?
Es ist jedenfalls so, dass der Einschnitt radikaler ist als erwartet. Als die Pläne öffentlich wurden, führte das erst einmal zu einer Art Schockstarre. Es ist eine gewisse Unruhe bei uns im Haus. Wir müssen abwarten, denn die endgültige Entscheidung soll erst bis Ostern fallen.

Ist wirklich denkbar, dass die Ludwigsburger Polizeidirektion dicht gemacht wird?
Ich halte es für eher unwahrscheinlich. Wir sind eine der größten Polizeidirektionen im Land – und durchaus selbstbewusst.

Was sind konkret die Sorgen?
Betroffen von der Reform sind einerseits die Häuptlinge, also die obere und mittlere Führungsebene: von Direktionsleitern bis hin zu Dezernatsleitern und Referenten. Aber auch alle anderen Mitarbeiter wissen momentan nicht sicher, wo sie in Zukunft arbeiten werden – das ist eine Belastung.

Haben Sie selbst Angst um Ihren Job?
Bei einer Fusion wird die Luft natürlich dünner, aber ich bleibe zuversichtlich.

Was bringt die Reform?
Für die Bevölkerung werden die Auswirkungen eher positiv sein. Der Ansatz ist ja völlig richtig. Die einzelnen Reviere und Polizeiposten vor Ort werden nicht angetastet. Das Ziel ist, mehr Personal vom Schreibtisch an die Basis, also auf die Straße, zu bringen. Wenn dies gelingt, ist das ein großer Schritt nach vorne.

Ihre Direktion muss sich gleichzeitig mit einem anderen Problem auseinander setzen: 2011 liefen die Ausgaben aus dem Ruder.
Am Ende haben wir unser Budget nur leicht überschritten. Aber es ist richtig: wir kommen mit unseren 170 Fahrzeugen auf rund drei Millionen Kilometer im Jahr – da machen sich explodierende Spritpreise besonders bemerkbar. Zudem hatten wir mehrere große Ermittlungsverfahren, die viel Geld kosten. Wir müssen sparen.

Wie?
Dass fängt damit an, dass die Mitarbeiter Druckkosten reduzieren, indem sie möglichst auf Farbkopien verzichten. Und hört damit auf, dass Streifenwagen öfter stehen bleiben und die Beamten zu Fuß gehen. Oder dass wir sorgfältig abwägen, ob im Rahmen einer Ermittlung eine teure Telefonüberwachung unbedingt nötig ist. Aber die Benzinkosten sind das Hauptproblem. Ich hoffe, dass das Land dies bei den Budgetverhandlungen berücksichtigt – und wir zumindest ein wenig mehr Geld kriegen.

Gleichwohl scheint Ihre Direktion gut aufgestellt zu sein. In einer groß angelegten Bürgerumfrage erhielt die Polizei im Kreis Ludwigsburg unlängst die Note 1,9.
Dieses tolle Ergebnis freut mich sehr, und wir befinden uns damit in guter Gesellschaft. In anderen Kreisen wurde die Studie ebenfalls durchgeführt, und die Noten sind überall ähnlich. Das ist für die Polizei landesweit ein positives Signal.

Der größte Wunsch der Bürger an die Polizei im Kreis Ludwigsburg ist offensichtlich: mehr Präsenz.
Der Wunsch ist absolut verständlich. Wir haben schon viel in diese Richtung unternommen, etwa Dienstpläne verändert, so dass die Beamten jetzt öfter nachts und an den Wochenenden im Einsatz sind – also in Zeiten, in denen mehr passiert.

Dennoch geben zwei Drittel der Befragten an, dass sie bestimmte Orte bewusst meiden, weil sie dort Angst haben, gerade nachts. Ein Beispiel ist der Ludwigsburger Bahnhof, ein anderes der Arsenalplatz.
Wir nehmen das sehr ernst. Aber die Daten zeigen auch, dass der Ludwigsburger Bahnhof nicht unsicherer ist als Bahnhöfe in vergleichbaren Städten.

Trotzdem kommt es dort regelmäßig zu Zwischenfällen, Schlägereien, Raubüberfällen.
Das wird man nie ganz verhindern können, denn am Bahnhof hält sich eben eine spezielle Szene auf – und in Verbindung mit Alkohol kann es dort schnell zu Problemen kommen. Wir sind am Bahnhof sehr stark präsent, auch in zivil. Aber eine Dauerpräsenz ist personell nicht zu leisten.

Ist Ludwigsburg ein sicherer Landkreis?
Ja. Wenn man die Anzahl der Straftaten in Relation zur Einwohnerzahl setzt, zeigt sich: Ludwigsburg ist ein eher sicherer Kreis. Was uns allerdings Sorgen bereitet, ist die zunehmende Brutalität auf der Straße. Da hat sich etwas verändert. Wenn früher nach einem Schlag Schluss war, geht es heute oft weiter: bin hin zu Tritten gegen den Kopf, wenn jemand schon am Boden liegt. Auch die Fälle von Körperverletzungen mit Waffen häufen sich. Das betrifft aber nicht nur Ludwigsburg, sondern ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen in Deutschland.
Das Gespräch führte Tim Höhn