Jutta Sauer hat 32 Jahre lang das Grüne Team im Ludwigsburger Krankenhaus geleitet, das Patienten ehrenamtlich hilft – anfangs musste sie gegen große Widerstände kämpfen.

Ludwigsburg - Donnerstag war Lotsentag: 32 Jahre lang stand Jutta Sauer jeden zweiten Donnerstag im Eingangsbereich des Ludwigsburger Krankenhauses, um neuen Patienten bei der Orientierung zu helfen: Sie begrüßte sie, brachte sie auf ihr Zimmer und half ihnen beim Koffertragen. Außerdem koordinierte sie als Leiterin des Grünen Teams die vier verschiedenen Dienstgruppen der ehrenamtlichen Helfer in der Klinik. Nun hat die 73-Jährige beschlossen, ihr Ehrenamt zu beenden – und erinnert sich an die zähen Anfänge.

 

Es war ein Anrufbeantworter, der Jutta Sauer quasi aus dem Stand zur Leiterin des Grünen Teams machte. Denn sie war im Jahr 1983 die Einzige unter den rund 25 Gründungsmitgliedern der Freiwilligengruppe, die ein solches – für damalige Verhältnisse hochmodernes – Gerät besaß. Und damit hatte sie die besten Voraussetzungen für die Koordination der Gruppe. Dabei war sie eher aus Zufall zu dem Gründungstreffen gekommen. Dieses war vom katholischen und vom evangelischen Frauenbund organisiert worden – in letzterem war Sauer bis dato ein eher passives Mitglied gewesen.

Doch die Idee, Patienten im Krankenhaus zur Seite zu stehen, interessierte die gelernte Erzieherin: „Das Motto war: Wir schenken den Patienten unsere Zeit“, sagt sie. Das habe ihr sehr gefallen – auch wenn sie mit ihren 42 Jahren mit Abstand die Jüngste in der Gruppe gewesen sei. Erstaunlich sei dagegen gewesen, dass die Initiative im Krankenhaus selbst zunächst gar nicht gern gesehen war: Es habe vor allem von Seiten des Pflegedienstes große Widerstände dagegen gegeben, erinnert sich Jutta Sauer. „Man wollte keine fremden Leute im Krankenhaus“, sagt sie. Offenbar habe man befürchtet, die Ehrenamtlichen könnten Dinge erfahren und ausplaudern, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien.

Krankenzimmer waren zunächst tabu

Das stellte die freiwilligen Helfer zunächst vor eine Herausforderung. Denn sie wollten sich um die Patienten kümmern und sich mit ihnen unterhalten – doch die Krankenzimmer waren tabu für sie. So entwickelte sich der Lotsendienst, bei dem Jutta Sauer von Anfang an aktiv war. Denn im Eingangsbereich des Krankenhauses durften sich die Grünen Damen, wie die Ehrenamtlichen zunächst hießen, aufhalten. Dort gingen sie auf die neu ankommenden Patienten zu und boten ihnen Hilfe an. Das sei sofort super angekommen, sagt Sauer. Bald habe das auch die Pflegeleitung bemerkt: Die Verbesserungsvorschläge der Grünen Damen seien stets sofort umgesetzt worden.

Richtig durchgestartet seien die ehrenamtlichen Helfer dann, als in den 1990er Jahren die – inzwischen wieder geschlossene – Reha-Klinik neben dem Krankenhaus eröffnet wurde. Dort habe man angefangen, regelmäßig Kaffeekränzchen zu organisieren: „So sind die Patienten in Kontakt miteinander gekommen, das war die beste Medizin für sie“, sagt Jutta Sauer.

Besuchsdienst ist ein schwieriger Job

Doch bis der Besuchsdienst eingerichtet werden durfte, der die Patienten im Krankenzimmer aufsucht und fragt, ob sie Hilfe brauchen, habe es noch einige Jahre länger gedauert. Erst vor etwa 15 Jahren sei den Ehrenamtlichen erlaubt worden, auch auf den Stationen aktiv zu sein, berichtet Sauer. Der Job sei allerdings nicht einfach. Manche Patienten wollten keine Ansprache und seien geradezu abweisend – andere hingegen wollten einen gar nicht gehen lassen. Hinzu komme, dass auf den Privatstationen seit Neuestem zusätzlich zur Pflege Servicekräfte eingesetzt würden: „Was soll das Grüne Team dann noch machen?“, fragt Sauer.

Auch die Patientenbibliothek, deren Einrichtung mangels passender Räume ebenfalls ein Kraftakt gewesen sei, werde nicht mehr so gut angenommen wie früher: In Zeiten des Smartphones sei die Nachfrage nach Büchern im Krankenhaus extrem gesunken. Aber der Lotsendienst laufe nach wie vor: „Dafür sind die Leute sehr dankbar“, sagt Sauer.