Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Die Wanderausstellung „Typisch ,Zigeuner‘ – Mythos und Wirklichkeit“, die Daniel Strauß vom Landesverband Baden-Württemberg des Verbandes Deutscher Sinti und Roma mit initiiert hat, zeigt eindrucksvoll, wie sich die Vorurteile gegen Sinti und Roma, also der Antiziganismus, hartnäckig bis in die Gegenwart halten.

 

Noch immer, so zeigen es weitere Schautafeln, geben Menschen in etablierten Berufen ihre Herkunft nicht preis, weil sie Angst vor der noch immer herrschenden Missachtung und der damit einhergehenden Benachteiligung haben. So outete sich die Schlagersängerin Marianne Rosenberg erst spät. Auch Charlie Chaplin war Roma – einer mit dem Adelstitel Sir sogar.

Aber noch 1981 erklärt der Brockhaus den Deutschen: „In der Bundesrepublik Deutschland sind die Zigeuner oft nur Sozialrenten-, Kindergeld- und Wiedergutmachungsgeldempfänger.“ Dass soziale Verwerfungen auch damit zu tun haben, dass nur etwa zehn Prozent der in Mitteleuropa ansässigen Sinti und Roma die Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten überlebten und der Rest in seiner Kindheit und Jugend verfolgt wurde, unterschlägt das Nachschlagwerk damals.

Fürsprache rettet Menschenleben

Da ist zum Beispiel die Geschichte des Mulfinger Kinderheims, der St. Josephspflege. Dort wurden Anfang der 1940er Jahre Kinder aus Sinti- und Romafamilien untergebracht, die unter staatlicher Fürsorge standen. Bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz im Mai 1944 wurden an ihnen rassebiologische Untersuchungen gemacht. Dass es möglich war, durch Fürsprache der Ermordung zu entgehen, zeigt ein Brief aus dem Bewahrungsheim Buttenhausen: Weil es zum Zeitpunkt der Deportation in den Osten krank war, setzte sich ein Heimvertreter für ein junges Mädchen ein. „Sie war glücklicherweise krank“, schreibt er an die Fürsorgebehörde in Stuttgart und bittet um weitere Verschonung. Das Mädchen überlebte den Krieg.