Geht es um die Ludwigsburger Architektur, scheint der Fall klar, geht es um den öffentlichen Raum, wird gestritten: Die Bürger wollen sich nicht diktieren lassen, welche Bäume auf dem Marktplatz wachsen und welche aus der Eberhardstraße verschwinden sollen.

Ludwigsburg - Für Touristen spielt Ludwigsburg gern die Rolle der „lebendigen Barockstadt“. Doch wie lebendig ist die Stadt wirklich und ist tatsächlich barock, was als Barock verkauft wird? Lange haben sich die Bürger um solche Fragen nicht geschert, doch seit geraumer Zeit wollen sie mitreden – sei es bei der Gestaltung ihres Quartiers, bei den Brunnenlaufzeiten oder der Begrünung des Marktplatzes. „Ludwigsburg ist gerade dabei, zu einem Freilichtmuseum zu werden“, schimpft etwa Axel Müller von der Initiative Bunte Eber-hardstraße. Die Stadt tut zu wenig für ihre Bäume, die ein wichtiges barockes Erbe sind, sagt Lubu-Stadträtin Elga Burkhardt.

 

Wird zu viel reglementiert?

Ob historisches Pflaster, Außengastronomie oder kränkelnde Marktplatzbäume – sobald es um die Ausgestaltung von Plätzen, Alleen und Gehwegen geht, knirscht es. Die Stadt verweist auf Regeln für Sicherheit und Ordnung und tut dabei nach Ansicht von Betroffenen häufig zu viel des Guten. Anwohner und interessierte Bürger fordern Mitsprache, sie wollten ernst genommen werden und sie wollten mitgestalten, sagt Müller.

Die jüngste Reaktion auf eine Birkenaktion in der Eberhardstraße aber fühle sich „eher wie eine Ohrfeige statt wie ein Kompliment an“. Immerhin hatten die Gewerbetreibenden, die dort seit langem und wohl noch mindestens ein Jahr lang unter Umbauarbeiten zu leiden haben, rote Plastiktonnen mit Birken aufgestellt. Müller erklärt sie zum kreativen Akt, mit dem man sich die Kunden gewogen halten wolle. Außerdem sei es ein Zeichen für Individualität. Nun wurde der Initiative von Seiten der Stadt bedeutet, die Tonnen müssten weg, die erste Bauphase sei vorbei.

Als jüngst die Lubu, die Linke und die Grünen gemeinsam im Bauausschuss beantragten, die Bäume auf dem Marktplatz gegen „standortgerechte“ auszutauschen, „die der historischen Bedeutung des Platzes gerecht werden“, hieß es, diese seien damals aufgrund eines Ratsbeschlusses so gepflanzt worden und dabei solle es bleiben.

Linde statt Steppenkirsche

„Damals“ aber heißt in diesem Fall 1989. Seither gab es so viele Ersatzpflanzungen, dass auch Nicole Preußner vom Grünamt der Stadt schätzt, der Altersunterschied der Bäume liege bei 20 Jahren. Was sich auch in der sehr unterschiedlichen Größe niederschlägt. Grünen-Stadträtin Erika Steinwand hatte die Neupflanzung von Bäumen gefordert, die man auch in eine barocke, kugelige Form schneiden könne. Elga Burkhardt wünscht sich, dass anstelle der vorhandenen Steppenkirsche „der Ludwigsburger Baum gepflanzt wird – und das ist die Linde“.

Die Steppenkirsche sei keine schlechte Wahl gewesen, meint Preußner. Aber im Alter wachse sie aus und sei kaum noch in die gewünschte Form zu bringen. Die Linde sei indes völlig ungeeignet am Marktplatz, weil sie zu groß werde. Man müsse sehr verschiedene Interessen unter einen Hut bringen: Feste und Märkte beanspruchen möglichst den ganzen Raum, die historische Architektur soll sichtbar bleiben und die Gewerbetreibenden möchten ihre Auslagen präsentieren. „Es gilt, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden.“ Wenn wirklich ein neues Konzept gewünscht sei, werde das sehr teuer. Denn das Hauptproblem sei der mangelnde Pflanzraum; jeder der 40 Bäume bräuchte zwölf Kubikmeter für sein Wachstum. „So aber leiden die unter Stress, wie alle Stadtbäume.“