Migranten machen mit, wenn sie verstehen, warum sie mitmachen sollen – das ist eine zentrale Erkenntnis aus einer Interviewreihe zur Beteiligung ausländischer Mitbürger am Stadtentwicklungsplan der Stadt Ludwigsburg.

Ludwigsburg - Falls die Zuhörer heute in Mannheim aufpassen, was ihnen aus Ludwigsburg berichtet wird, müssten sie anschließend sofort eine Umbenennung ihres Bündnisses beschließen. „Städtenetzwerk Stärkung lokaler Demokratie durch bürgerorientierte integrierte Stadtentwicklung“ heißt der Zusammenschluss von bundesweit 15 Kommunen, die sich alle der Förderung einer Mitmachkultur verschrieben haben. In der Region Stuttgart gehören Ludwigsburg, Filderstadt (Kreis Esslingen) und die Landeshauptstadt dazu.

 

Heute trifft sich das Bündnis wieder in Mannheim. Dabei werden Vertreter der Stadt Ludwigsburg und des Verbandes für Wohnen und Stadtentwicklung (VHW) erste Ergebnisse einer Interviewreihe präsentieren, bei der man erfahren wollte, wie Migranten sich in Ludwigsburg integriert fühlen und wie man sie dazu bringen kann, sich stärker als bisher am öffentlichen Leben zu beteiligen – zum Beispiel an der Zukunftskonferenz, die morgen beginnt (siehe „Mitbestimmung der Mitbürger“). Die zentrale Erkenntnis: „Migranten fangen mit dem Begriff Stadtentwicklung nichts an“, sagt Volker Henning, der Fachbereichsleiter Bürgerschaftliches Engagement im Ludwigsburger Rathaus. „Wir müssen ihnen besser erklären, welchen Nutzen sie davon haben.“

Drei Viertel fühlen sich wohl

Mitarbeiter des VHW haben wie berichtet in den vergangenen Monaten 31 ausführliche Interviews geführt. Jeweils fast anderthalb Stunden unterhielten sie sich mit Menschen, die in Ludwigsburg leben, aber aus der Türkei (13), der ehemaligen Sowjetunion (4), Polen, Rumänien, Bulgarien (4), aus Spanien, dem ehemaligen Jugoslawien oder außereuropäischen Ländern stammen. Drei Viertel von ihnen fühlen sich sehr wohl in Ludwigsburg. Den Kontakt zu den Gesprächspartnern knüpften die Stadt und der VHW über alte Bekannte zum Beispiel aus dem Integrationsbeirat, dem Projekt Gemeinsam fit für Integration oder der Ditib-Moschee.

Das erklärt eine Schwäche der Gesprächsreihe. Denn damit erreichten die Interviewer vor allem Menschen, die sich bereits in ihrem Umfeld engagiert haben. Befragt wurden zudem in erster Linie Migranten aus gutbürgerlichen Verhältnissen; so leben fast zwei Drittel der Befragten in eigenen Häusern oder Eigentumswohnungen, nur ein Drittel zur Miete. Menschen aus einfachen Milieus kamen kaum zu Wort, weil sie kaum zu erreichen sind, wie Henning berichtet. Das Migrationszentrum habe Wochen gebraucht, um zwei russische Jugendliche zu finden, die bereit zu den Interviews waren.

Eingebundensein ist vielen wichtig

Die Scheu scheint groß zu sein, obwohl praktisch alle (92 Prozent) sagten, es sei ihnen wichtig, in die städtischen Planungsprozesse eingebunden zu sein. Zum Mitmachen aufgerufen fühlten sich die Befragten in erster Linie, wenn Menschen aus ihrem Lebensumfeld oder ihrem Kulturkreis (88 Prozent) oder sie persönlich (80 Prozent) betroffen sind – etwa wenn es um ihre Kinder geht. Eine echte Beteiligungsmotivation scheint auch eine persönliche Einladung durch einen Vertreter der Stadt (72 Prozent) zu sein. Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) will immerhin nicht nur beteiligt werden, sondern damit auch politische Entscheidungsbefugnisse verbunden wissen.

„Wir müssen besser kommunizieren“, diese Lehre zieht Volker Henning aus den bislang vorliegenden Ergebnissen. Die Verwaltung müsse besser erklären, dass Stadtentwicklung nicht am Reißbrett stattfinde, sondern das Leben vor Ort präge. Für die vierte Zukunftskonferenz haben allein die Interviews motiviert. Henning rechnet mit 15 bis 20 Migranten. Vor drei Jahren, sagt er, seien es nur vier oder fünf gewesen.