Im Waiblinger Schlosskeller zeigt der Kirchenbezirk auf geistreiche Art die Vielfalt der evangelischen Kirche. Wie an Luthers Tafel in Wittenberg werden zu Speis und Trank Tischreden gehalten.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Ein gern gepflegtes boshaftes Vorurteil katholischer Badener gegenüber ihren protestantischen Nachbarn im Osten lautet, diese gingen zum Lachen in den Keller. Das hat der Evangelische Kirchenbezirk Waiblingen am Abend des Reformationstages geistreich widerlegt. Im Waiblinger Schlosskeller (!) traf sich eine „wunderlich gemischte Schar“, um ein Festmahl im Stile Luthers zu feiern, mit Tischreden, wie sie an der Tafel des Reformators in Wittenberg gehalten wurden.

 

„Ich fresse wie ein Böhme und saufe wie ein Deutscher“

Der Dekan Timmo Hertneck begrüßte rund hundert Besucher, die sich außerdem auf Schweinshaxe, Krustenbraten, Weckknödel, Nudeln mit Pfifferlingen, Zwetschgenkuchen, Schwarzbier, Trollinger mit Lemberger, Riesling und Apfelsaftschorle freuten. Mit einem passenden Luther-Zitat forderte er die Festgemeinde schließlich auf, ans Büfett zu treten: „Ich fresse wie ein Böhme und saufe wie ein Deutscher.“

Gewürzt wurde das leckere Mahl durch die Tischreden des Landrats Richard Sigel, des Waiblinger Oberbürgermeisters Andreas Hesky, der Pfarrerin Nancy Bullard-Werner von der Diakonie Stetten, Uli Maier, dem Vorsitzenden der diakonischen Gesamtmitarbeitervertretung, des katholischen Pfarrers Franz Klappenecker sowie der Kirchengemeinderäte Cornelia Luft, Thomas Grau und Uli Stietz. Jeder der Tischredner schnitt eine andere Facette protestantischen Lebens an und kritische Töne blieben dabei nicht aus.

So verwies Uli Maier auf die Absonderlichkeiten des Arbeitsrechts, mit denen Mitarbeiter der Diakonie konfrontiert werden. Nancy Bullard-Werner verwies auf eine moderne Art des Ablass-Handels: „Viele Firmen zahlen lieber, als Menschen mit Behinderung einzustellen.“ Und Cornelia Luft schnitt das Thema Ordination von Frauen an, das ein heißes Eisen sei, da man in der Kirche Männern immer noch mehr zutraue als Frauen. Oder zugespitzt: „Muss ich rückwärts einparken können, um Oberkirchenrätin zu werden?“

Der aufziehbare Luther Tante Hedwigs

Eine nicht geplante Überraschung brachte der Waiblinger Gerhard Hezel mit: den aufziehbaren Luther seiner Tante Hedwig. „Ich habe ihn extra geölt“, sagte der Kunstmaler knitz und ließ die Spieluhr in Gestalt einer Lutherstatue erklingen.