Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

In den vergangenen Jahren seien rund 25 Millionen Dollar in Madagaskars Kampf gegen Malaria investiert worden. Davon profitierten auch die Farmer. „Rund zehntausend Bauern arbeiten gerne mit uns, nur wenige besetzen unser Land und verwüsten teilweise die Felder“, so Giblain. Laut dem französischen Unternehmer dürfen die Bauern in der Regenzeit auf dem Bionexx-Land Reis pflanzen, nur in der Trockenzeit müssen sie dort Artemisia anbauen und es Bionexx verkaufen. „Dies könnte eine Win-win-Situation sein, würde sie nicht von einigen sabotiert“, sagt Giblain.

 

Dass der Franzose letztlich am längeren Hebel sitzt, ist klar, denn Ravaivoson und seine Mitstreiter haben für die Felder keinen offiziellen Landtitel. Sie berufen sich lediglich auf ihr seit Jahrhunderten unverbrieftes Gewohnheitsrecht. Durch vier Instanzen hindurch haben die Dorfbewohner schon erfolglos geklagt. Ein einheimisches Netzwerk, das auch von der katholischen Hilfsorganisation Misereor gefördert wird, unterstützt sie dabei. Die Paragrafen scheren sich freilich kaum um die alten Rechte, und die Richter sind oft berufen von der Clique, die mit den ausländischen Investoren Kasse machen will. Denn in Tsinjoarivo tobt nur einer von vielen derartigen Konflikten auf der größten afrikanischen Insel, die reich an Bodenschätzen und fruchtbaren Äckern ist.

Der Staat braucht dringend Devisen

Die Zahl der ausländischen Firmen, die sich auf Madagaskar engagieren, wächst. Denn die politische Lage, die nach dem Putsch von 2009 sehr unsicher war, hat sich wieder etwas stabilisiert dank der Wahl des neuen Staatspräsidenten Hery Rajaonarimampianina im Jahr 2014. Seitdem fahren auch die Bundesrepublik und die EU ihre Entwicklungszusammenarbeit wieder hoch. Die ausländischen Investoren schielen in Madagaskar jedoch vor allem auf die wertvollen Rohstoffe. Unternehmen aus Australien, Südkorea, China, Indien und auch Europa möchten Seltene Erden, Kobalt, Nickel, Edelsteine oder Ölsand abbauen. Es ist ein Dilemma: Auf der einen Seite braucht der Staat, in dem 92 Prozent der Einwohner von weniger als zwei Dollar am Tag leben müssen, dringend Devisen. Auf der anderen Seite drohen die Bauern und die Umwelt Opfer dieses Fortschritts zu werden, der noch dazu häufig an den kleinen Leuten vorbeigeht. Entschädigungen, die die Konzerne zum Teil zahlen, kommen meist nämlich nicht bei den Einwohnern an.

Bedrohung für die wertvollen Tapia-Wälder

In der Folge wachsen offenbar das Misstrauen und der Widerstand – so wie in Soamamanina. Die chinesische Firma Jiuxing ist schon da. Ihre Bagger stehen auf einer planierten und mit einem großen Zaun umgebenen Fläche auf einem der Hügel dieser Gegend. Eigentlich hat das Minenunternehmen schon grünes Licht von der Regierung. 40 Jahre lang soll es hier – 70 Kilometer südlich der Hauptstadt Antananarivo – Gold, Silber, Eisen und Beryllium schürfen dürfen. Das Projekt bedroht die wertvollen Tapia-Wälder, Heimat der Raupen, aus denen sich Seide herstellen lässt. Eine Schule und eine Kirche sollen weichen, und – unvorstellbar für Einheimische – Gräber der Vorfahren würden zerstört. Auch deshalb gehen die Bauern auf die Barrikaden. Auf die Wälle neben der Straße, die in das Städtchen führen, haben sie in weißer Schrift unmissverständliche Botschaften gesprüht. „Chinesen raus“ lautet einer der vielen Slogans, die dort stehen.