Bei der achten Auflage des Grusellabyrinths im Maisfeld ziehen die Organisatoren alle Register.

Ditzingen - Die Fratze ist ganz nah. Kalte, weiße Augen starren aus blutunterlaufenen Höhlen, an der Wange klafft eine monströse Wunde, aus dem verzerrten Mund kommt ein warnendes Fauchen: Dieses Wesen ist das personifizierte Grauen. Es ist nicht das einzige Monster, das in der Schwärze der Nacht zwischen den meterhohen Maisstauden sein Unwesen treibt. Etwa 40 Gestalten aus der Unterwelt haben das Ditzinger Maisfeld der Familie Siegle bei der achten Auflage des Grusellabyrinths Maismaze am Wochenende in einen Ort des Schreckens verwandelt.

 

Immer wieder gellen Schreie durch die düstere Nacht. Verängstigte Besucher setzen in Dauerregen und Nebel nur vorsichtig einen Fuß vor den anderen und drehen sich nach jedem Schritt prüfend um – voller Panik, direkt in die Fratze eines Monsters zu blicken. Das kann passieren. Denn dieses Mal ist man nirgends mehr sicher. Die finsteren Kreaturen sind nicht mehr nur in den fünf großen Gruselzonen zu Hause, sondern können überall auf der 1,2 Kilometer langen Strecke durch den Mais lauern. Die Macher des Maismaze ziehen alle Register, denn es ist die letzte Auflage des Grusellabyrinths – und man setzt auf eine Ende mit Schrecken. Das ist nichts für schwache Nerven – und Adrenalin pur für Schreckhafte.

Ganz normale Leute hinter den Gruselgesichtern

Dabei stecken hinter den Gruselgesichtern ganz normale Leute, die sich nur einmal im Jahr in grausige Gestalten verwandeln. Solwey Nödl zum Beispiel ist Leiterin einer Aldi-Filiale. Die 28-Jährige ist nur per Zufall Darstellerin beim Maismaze geworden, weil ihr Cousin einer der Organisatoren war. Davor hatte sie mit Horror-Effekten und Monsterszenen herzlich wenig zu tun. Aber sie ließ sich in den Bann der Unterwelt ziehen. Inzwischen hat sie zwei Koffer voller Spezialschminke, weiß, wie man blutige Wunden gestaltet und Leute in Angst und Schrecken versetzt.

Stunden vor Beginn der Gruselnacht sitzt Nödl schon in der Scheune der Familie Siegle. Hier wimmelt es nur so vor halbfertigen Monstern und Menschen mit langsam wachsenden Narben. Mindestens zwei Stunden brauchen die Darsteller, um sich zu verwandeln – doch danach sind ihre Antlitze wahrhaft schauderhaft. Sie seien inzwischen recht professionell, sagt Lucas Walther. Der 28-Jährige hat sich blutunterlaufene Augen geschminkt, einen Reißverschluss an der Stirn und brüchige Zähne im Gebiss. Früher habe er mit Haferflocken krustige Wunden gestaltet, doch mit der Zeit habe er sich Spezialutensilien angeschafft und über das Internet Schminkfertigkeiten angeeignet, erzählt der Industriemechaniker.

Unberechenbare Bestien im bizarren Zirkus

Im Gespräch sind Nödl und Walther nett und zuvorkommend – doch später, als Gestalten im bizarren Zirkus, sind sie unberechenbare Bestien. Im flackernden Licht schleichen sie sich an die Besucher heran und springen ihnen schier ins Gesicht. Hat man den unheimlichen Horror endlich hinter sich und die bedrohlich-anhängliche Scherenfrau abgeschüttelt, greifen schon die schaurigen Gestalten im Gewächshaus des Grauens an. Im stockfinsteren Todesstollen ist die drohende Vorahnung allgegenwärtig – und wird vom plötzlich im Flackerlicht auftauchenden Monster dennoch übertroffen. Die verhängnisvolle Villa wartet mit Schreckgespenstern auf, und im Endzeit-Bunker schleichen dumpfe Gestalten mit Gasmasken durch wabernde Dämpfe.

Die Macher des Maismaze haben in der achten Auflage des Grusellabyrinths alles gegeben. „Wir versuchen, uns jedes Mal noch etwas zu verbessern“, sagt Noel Ebhart. Der studierte Event-Manager hat die Attraktion vor acht Jahren ins Leben gerufen – und wurde in den Folgejahren geradezu von Fans überrannt. Bis zu 2500 Besucher wurden teilweise an zwei Abenden durch die Maisstauden geschleust. Doch damit ist jetzt Schluss: Die Gruselaktion am Wochenende war die letzte in Ditzingen. Ebhart zieht mit seiner Freiwilligen-Crew in den Freizeitpark Tripsdrill. „Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist“, sagt er. Immerhin geht er, wie er gekommen ist: mit einem Event im strömenden Regen.