Schlüsselfigur in der Wulff-Affäre: der Eventmanager Manfred Schmidt könnte dem ehemaligen Sprecher des Bundespräsidenten zum Verhängnis werden.

Berlin - Der Eventmanager Manfred Schmidt ist eine der Schlüsselfiguren im Affärendickicht, das Schloss Bellevue umwuchert. Er könnte dem ehemaligen Sprecher des Bundespräsidenten Christian Wulff, Olaf Glaeseker, zum Verhängnis werden. Gegen diesen ermittelt der Staatsanwalt, weil Glaeseker sich von Schmidt wohl in den Urlaub einladen ließ, als er noch Wulffs Regierungssprecher in Hannover war, jenem aber zugleich bei der Organisation einer Großveranstaltung zu Diensten gewesen sein soll. Der Verdacht der Bestechlichkeit steht im Raum.

 

Nun zeigt sich, dass Schmidts Netzwerk neben Wirtschaftsbossen und Fernsehstars auch weitere Spitzenpolitiker von Schwarz bis Grün umfasste. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und frühere SPD-Chef Kurt Beck ist schon in Schmidts Privatjet geflogen, Grünen-Chef Cem Özdemir war mit ihm beim Fußball.

Der "Stern" hat dem Partykönig in seiner am Freitag erscheinenden Ausgabe eine mehrseitige Geschichte gewidmet. Sie erzählt von dem "Gestrüpp aus Geschäft und Gefälligkeit", in dem sich nicht nur Wulff und dessen Intimus Glaeseker, sondern serienweise Politiker jeglicher Couleur verfangen hätten. Der Sozialdemokrat Kurt Beck ließ sich auf Schmidts Kosten vor vier Jahren von Berlin nach Hamburg fliegen. Die Staatskanzlei in Mainz hat das inzwischen eingeräumt. Beck habe im Februar 2008 an einer Veranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion teilgenommen. Anschließend war er von Schmidt zum "Arcandor Media Get Together" im noblen Hamburger Alsterhaus eingeladen. Der Flug im Privatjet kostete laut "Stern" 3927 Euro. Die Rechnung beglich der Partykönig. Die Mainzer CDU spricht von einer "möglichen problematischen Begünstigung".

Cem Özdemir ist mit Fußballtickets versorgt worden

Den Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir hat Schmidt mit einem Fußballticket versorgt. Özdemir war im August 2011 in Barcelona - angeblich um die spanischen Grünen im Wahlkampf zu unterstützen. Am Abend spielte dort Barcelona gegen Real Madrid. Schmidt hatte dem Grünen die Karte offeriert. Der wollte nach eigenen Angaben für das Ticket aber selbst bezahlen. Er erhielt eine Rechnung über 119 Euro und beglich diese auch. Laut "Stern" hatte die Karte in Wahrheit aber 615 Euro gekostet.

Von diesem Betrag habe er nichts gewusst, behauptet Özdemir. "Wenn sich herausstellt, dass Herr Schmidt nicht den tatsächlichen Preis in Rechnung stellen ließ, werde ich die Differenz selbstverständlich begleichen", ließ der Grünen-Chef am Donnerstag erklären. Sein Fall ist besonders pikant. Denn Özdemir hatte schon einmal Probleme mit Gefälligkeiten eines reichen Freundes. 2002 legte er sämtliche politischen Ämter nieder, als ruchbar wurde, dass er einen günstigen Privatkredit des PR-Beraters Moritz Hunzinger in Anspruch genommen hatte.

Unterdessen prüft die Staatsanwaltschaft Berlin nach neuen Medienberichten, ob Wulff sich eines strafrechtlichen Vergehens schuldig gemacht haben könnte. Es handele sich um eine Vorprüfung, bestätigte Oberstaatsanwältin Simone Herbeth. Es geht dabei um weitere Vorwürfe zu einem Privatwagen der Familie Wulff, dessen Nutzungskonditionen schon vor Wochen Schlagzeilen gemacht hatten. Die "Frankfurter Rundschau" und die "Berliner Zeitung" hatten berichtet, das Ehepaar Wulff habe einen Audi Q3 zeitweise kostenlos fahren dürfen, bevor dieses Modell überhaupt im Handel war.

Berichterstattung gerichtlich gestoppt

Der Anwalt des Bundespräsidenten, Gernot Lehr, wies die Darstellung in scharfer Form zurück. Er warf den Zeitungen "gezielte Falschberichterstattung" und "grobe Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflichten" vor. Lehr ließ die Berichterstattung gerichtlich stoppen. Beim Landgericht Köln erwirkte er eine einstweilige Verfügung, die zentrale Behauptungen untersagt. Die Zeitungen wiesen Lehrs Vorwürfe zurück. Audi wollte den Vorgang nicht kommentieren und erklärte, man nehme zu Vertragseinzelheiten grundsätzlich nicht Stellung. Die Staatsanwaltschaft konnte nach Angaben ihrer Sprecherin bisher nicht klären, ob die Darstellung der Zeitungen richtig oder falsch ist: "Uns wurde der Vorwurf erst heute über die Medien bekannt." Die Behörde prüft unter anderem auch, ob Frau Wulff Designerkleidung zu Sonderkonditionen überlassen wurde.

Unterdessen sagte Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg und Aufsichtsratsmitglied bei der BW-Bank-Mutter LBBW, er habe aus der Zeitung von dem Kredit der BW-Bank an Wulff erfahren. Dass der damalige niedersächsische Ministerpräsident Kunde der Bank ist, hat Schneider "irgendwann" erfahren; an den Zeitpunkt könne er sich nicht erinnern. Dass Wulff zunächst ein variabel verzinsliches Geldmarktdarlehen in Höhe von 500.000 Euro für einen Immobilienkauf zu Zinsen zwischen 0,9 und 2,1 Prozent erhielt, ist nach Schneiders Angaben nicht ungewöhnlich.

"Es gibt einige Hundert Kunden bei der LBBW, die so etwas mit einem variablen Kredit gemacht haben." Dass die an Zinssatz unter Banken gekoppelten Konditionen keine Sondervergünstigung für Wulff bedeutete, hat der Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats festgestellt. Banken müssen ab 1. März 2012 nach einer Verschärfung des Geldwäschegesetzes gesondert auch über ihre Beziehungen zu inländischen Politikern berichten. Die LBBW hat nach Schneiders Angaben neben Wulff Hunderte solcher "politisch exponierten Personen" (PEP) als Kunden.