Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim bezweifelt die „ernsthafte Hinwendung“ eines iranischen Flüchtlings zum Christentum und hebt das Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts auf. Die drohende Abschiebung des Asylbewerbers sei rechtens, hieß es aus Mannheim.

Mannheim - Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim hat den Asylantrag eines Iraners abgelehnt, der nach seiner Flucht 2011 in Deutschland zum christlichen Glauben übergetreten ist. Der frühere schiitische Muslim war ursprünglich vor allem wegen Konflikten im Militärdienst aus dem Iran geflohen, 2012 hatte das Bundesamt für Migration seine Anerkennung als Flüchtling  abgelehnt. In seiner Klage hatte der Mann erklärt, er habe sich aufgrund eines ernsthaften Gewissenentschlusses für das Christentum entschieden. Er praktiziere seinen Glauben, gehe zu Gottesdiensten und beteilige sich am Gemeindeleben. Wenn er in den Iran abgeschoben werde, würde diese Praxis dort zu schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen führen. Dem wollten die Mannheimer Richter nicht folgen. Nach einer mündlichen Verhandlung Mitte April haben sie die Klage des Mannes auf  nun Anerkennung abgewiesen. Auch die Androhung seiner Abschiebung sei rechtens, stellten sie fest und haben ein gegenteiliges Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart aufgehoben. Die Richter dort hatten den Religionswechsel des Antragstellers, der in einer evangelischen Gemeinde im Landkreis Heilbronn vollzogen worden war, im September 2013 als  bindend eingestuft.

 

Die Ernsthaftigkeit des Religionswechsels wurde bezweifelt

Der Kläger habe sie zwar nicht von der Ernsthaftigkeit seiner Konversion zum Christentum überzeugen können,  hatten sie in ihrem Urteil erklärt.  Die Pfarrerin der Gemeinde habe dem Iraner  aber einen „ernsthaften Übertritt“ bestätigt. Daran sei das Gericht staatskirchenrechtlich gebunden, der Antragsteller sei daher als Flüchtling anzuerkennen. Als konvertierter Muslim könnte er  in seiner Heimat keine christlichen Gottesdienste besuchen, ohne sich der Gefahr einer Verhaftung und möglichen späteren Verurteilung auszusetzen, hatten die erstinstanzlichen Richter festgestellt.

Laut VGH bindet allein die Taufe das Gericht nicht

Dem hat der VGH nun in der Berufung widersprochen. Allein die  Taufe binde das Gericht nicht in seinem Urteil. Dessen  „ureigene Aufgabe“ sei es vielmehr, sich eine eigene Einschätzung hinsichtlich der Ernsthaftigkeit eines  Übertritts zu bilden. Bei der Anhörung des Klägers habe der Senat „keinen in letzter Konsequenz ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel“  erkennen können, der nun dessen religiöse Identität präge. Der Mann habe angesichts seiner eher geringen Bildung nur ein oberflächliches Verhältnis zu religiösen Fragen zum Ausdruck gebracht. Der Senat könne ihm  zwar kein „rein von Opportunitätsgesichtspunkten geleitetes Handeln unterstellen“, er habe aber den Eindruck gewonnen, dass sich der Kläger  dem Christentum letztlich vornehmlich aus sozialen und integrativen Gründen angeschlossen habe, erklärten die VGH-Richter. Offenbar, so das Urteil, sei der Kläger schon „bisher kein sehr religiöser Mensch gewesen“,  auch die Regeln des Islams habe er „wohl nur aus gesellschaftlichen Gründen beachtet“. Seine Hinwendung zu der neuen Religion sei nach Einschätzung des Senats daher nicht so stark, dass er bei einer Rückkehr in den Iran eine innere Verpflichtung empfinden werde, „den christlichen Glauben dort auch zu leben“. Allein die Taufe ziehe keine Repressionen nach sich. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Revision wurde nicht zugelassen. Er erwäge Beschwerde einzulegen, sagte der Kläger-Anwalt. (Az. A3 S 1923/14)