Von den Niedrigzinsen ist vor allem die Altersvorsorge betroffen, sagt Markus Faulhaber, der Vorstandschef der Allianz Leben im StZ-Interview. Allerdings seien mittlerweile auch mehr Kunden bereit, höhere Risiken bei neuen Policen einzugehen.

Stuttgart - Die Kapitalkosten für die klassische Lebensversicherung sind seit der Finanzkrise stark gestiegen und diese zahlt am Ende der Kunde. Dennoch wehrt sich Markus Faulhaber, der Chef der Allianz Leben, gegen die Abwertung der Lebensversicherung als wichtigem Teil der Altersvorsorge. Er selbst hat mit zehn Lebensversicherungspolicen für seinen Ruhestand vorgesorgt.

 
Herr Faulhaber, trotz geringerer Rendite investieren mehr Menschen Geld in Lebensversicherungen. Die Allianz Leben hat Marktanteile gewonnen. Wie gravierend sind die Auswirkungen der Niedrigzinsphase?
Die Auswirkungen sind vor allem für die Kunden gravierend. Sie müssen mehr Geld investieren, um die Versorgungslücke zu schließen, die ja nicht kleiner geworden ist, oder müssen in Anlageklassen gehen, die potenziell höhere Renditechancen bringen. Wir als Lebensversicherer kalkulieren die Risiken am Kapitalmarkt ein und sichern uns auch gegen einen niedrigen Zins ab.
Markus Faulhaber Foto: Allianz
Rechnen Sie mit einem Zinsanstieg?
Nicht kurzfristig. Ein Stück weit hat sich der Zins ja bereits erholt. Derzeit akzeptieren Investoren für Bundesanleihen keine Zinsen von 0,08 Prozent mehr. Ein solches Niedrigstniveau wird wohl nicht so schnell wieder kommen, die Niedrigzinsphase jedoch wird anhalten. Zinsniveaus von sechs, sieben Prozent wird es vermutlich nicht mehr geben.
Was ist dann das Normalniveau für die Garantieverzinsung einer Lebensversicherung in der Zukunft?
Die Garantieverzinsung stellt ja nur das unterste Sicherheitsnetz dar. Viel entscheidender für unsere Kunden ist die Gesamtverzinsung. Die liegt beim klassisch orientierten Vorsorgekonzept Perspektive in 2015 bei über vier Prozent. Deshalb wehre ich mich auch gegen die Behauptung, die Lebensversicherung sei renditearm. Im Vergleich zu Sparformen wie Bundesanleihen und Pfandbriefen hat die Lebensversicherung – zumindest bei der Allianz – am wenigsten an Rendite verloren.
Was bedeutet das veränderte Zinsumfeld für die Kapitalanlagestrategie der Allianz Leben?
Wir verfolgen seit Jahren eine Strategie der mehrfachen Diversifizierung – sowohl bei den Anlageklassen als auch im Hinblick auf die Regionen, in die wir investieren. Früher haben wir uns viel stärker auf Europa konzentriert, weil die Währungsrisiken im Euroraum geringer sind. Inzwischen legen wir weltweit an. Ein Beispiel dafür sind Infrastrukturinvestitionen oder eben Bonds von Schwellenländern, aber auch der weltweite Kauf von Immobilien und Aktien. Dazu braucht man die nötige Expertise und diese haben wir durch die Allianz Investment Management, die weltweit aufgestellt ist.
Dem Thema Infrastrukturinvestitionen hat sich die gesamte Versicherungsbranche zugewandt. Kritik gibt es an den Rahmenbedingungen für Public Private Partnerships. Wie sehen Sie das?
Wir investieren nicht in die ganz kleinen Projekte, sondern dort, wo es sich lohnt – auch als Eigner. Das tschechische Gasnetz haben wir zum Beispiel gemeinsam mit einem kanadischen Pensionsfonds erworben. Zusätzlich verfügen wir über ein breit aufgestelltes Portfolio an Kapitalfinanzierungen für Verkehrsprojekte. In Deutschland ist dieser Markt bekanntlich noch unterentwickelt.
Woran krankt es in Deutschland?
Die Rendite solcher Projekte muss kalkulierbar sein. Das ist in Deutschland nicht gegeben – auch angesichts der rechtlichen Rahmenbedingungen. Deshalb tätigen wir Investitionen im Infrastrukturbereich weitgehend außerhalb von Deutschland.
Ist die Rendite in Deutschland zu gering?
Nein, es geht eher um die Frage langfristig gleichbleibender Bedingungen staatlicherseits. Regierungen können nachträglich die Rahmenbedingungen ändern, indem Steuern erhöht oder Gebühren verändert werden. Anders als bei Aktien liegen die Risiken also eher in der Regulatorik.
Wenn die Rahmenbedingungen stimmen würden, was wäre dann ein attraktives Anlagefeld? Wären das Energienetze wie in Prag?
Wir haben, das ist ein großer Vorteil der Lebensversicherer, eine sehr stabile Kapitalausstattung. Unsere Kunden sparen ja langfristig und konstant für ihre Altersvorsorge. Deshalb suchen wir langfristige Anlagemöglichkeiten, die eine laufende Rendite erzielen, wie etwa Energienetze.