Flexible Arbeitszeitmodelle erleichtern es gut ausgebildeten Frauen, Familie und Berufsleben miteinander zu vereinbaren. Der Maschinenbauer Gläser in Horb am Neckar macht es vor: 50 Prozent von Belegschaft und Führung sind weiblich.

Horb - Jana Hergerts Lebenslauf liest sich wie der Traum eines Personalers: Wirtschaftsingenieurs-Diplom 2008, direkt danach Arbeit am Fraunhofer-Institut, 2010 folgt der Eintritt in die Gläser GmbH. Nur zwei Jahre später ist Hergert schon in einer Führungsposition mit Personalverantwortung für zehn Mitarbeiter. „Wir sind zwar nur ein kleines Familienunternehmen, aber hier gibt es unglaubliche Entwicklungsmöglichkeiten“, schwärmt die 30-Jährige.

 

Hergert ist Laborleiterin bei Gläser, einem Maschinenbauer in Horb am Neckar mit 50 Mitarbeitern. Der Umsatz 2013 betrug 7,5 Millionen Euro. Zum einen produziert Gläser hydraulische Steuerblöcke, beispielsweise für Kräne oder Tunnelbohrmaschinen. Und zum anderen ist die Firma spezialisiert auf technische Sauberkeit: In ihren Labors kontrollieren die Mitarbeiter Zuliefererteile im Auftrag von Autoherstellern auf ihre Sauberkeit. Die Anlagen zur Überprüfung stellt das Unternehmen selbst her und verkauft sie auch an große Autobauer, die wiederum ihre eigenen Labors betreiben.

Bis auf zwei Beschäftigte arbeiten alle Laboranten in Teilzeit

Die zehn Labormitarbeiterinnen von Jana Hergert sind allesamt Ingenieurinnen oder medizinisch-technische Assistentinnen, die sich im Betrieb durch Schulungen auf technische Sauberkeit spezialisiert haben. Bis auf zwei Beschäftigte arbeiten hier alle in Teilzeit in einem Zwei-Schicht-System. „Die anderen Abteilungen sind schon neidisch, wie wir das alles hinkriegen“, scherzt die Abteilungsleiterin.

Claudia Gläser sind Teilzeit-Arbeitsmodelle ein wichtiges Anliegen. Seit die Mutter zweier Kinder 2002 das Geschäft von ihrem Vater übernahm, baut sie die Angebote weiter aus. Die gelernte Industriemechanikerin und Diplom-Ingenieurin ist auch im Vorstand des Verbands deutscher Unternehmerinnen. Im Mai 2013 war sie mit anderen Unternehmerinnen auf Einladung von Angela Merkel im Kanzleramt und hat über Frauenförderung gesprochen.

Gläser ist der Meinung, dass leitende Angestellte auch in Teilzeit viel Potenzial haben. „Teilzeit ist bei vielen Unternehmen immer noch ein kritisches Thema“, findet sie. Gerade in Technikberufen sei der Gedanke noch stark verbreitet, man müsse pro Woche mindestens 40 oder 50 Stunden arbeiten. „Teilzeit bedeutet eben Aufwand“, sagt sie und zählt auf: man brauche die Ausstattung für den Arbeitsplatz, ein geeignetes Arbeitszeitmodell und dann jemanden, der die restliche Arbeitszeit auffüllt. „Es ist immer einfacher, jemanden ganztags einzustellen.“ So kämen aber viele qualifizierte Frauen mit Familie nicht zum Zug. Gerade im Mittelstand ringe man um jede Fachkraft, sagt Gläser. Daher bietet ihre Firma verschiedene Teilzeitmodelle und bezahlt den Mitarbeiterinnen die Kindergartenbeiträge für ihre Kinder. Die Angebote gelten übrigens auch für Männer.

Natürlich macht Claudia Gläser das nicht aus reinem Gutmenschentum. „Die Grundlage für eine Einstellung ist die Qualifikation, nicht das Geschlecht“, sagt sie. Als Unternehmerin müsse sie sehen, dass ihre Firma unterm Strich Geld verdient. „Unser Verkauf kann also nicht nur halbtags besetzt sein“, nennt Gläser ein Beispiel. Jenseits davon könnten Teilzeitmodelle aber gerade im Mittelstand eine „Win-win-Situation“ für Unternehmen wie für die Mitarbeiter bedeuten, die sie nutzen.

Gläser ist gegen die Einführung einer Frauenquote

Eine starre Frauenquote für Führungskräfte in allen Branchen hält Gläser für nicht praktikabel: „Es muss ein Umdenken in Wirtschaft und Gesellschaft stattfinden“, sagt sie. In der aktuellen Diskussion sei das Argument, eine Quote verhindere, dass der beste Bewerber den Job bekomme, „eine Beleidigung“ für alle Frauen. „Haben denn die 50 Prozent Akademikerinnen einen dümmeren Abschluss gemacht als ihre männlichen Kollegen“, fragt sie zugespitzt. Es liege also nicht an der Ausbildung, sondern an der falschen Auswahl der Personaler.

Gläsers Laborleiterin Jana Hergert ist jedenfalls froh, dass sie eine Chefin hat, die so viel Flexibilität zulässt. Hergert arbeitet aktuell Vollzeit, meint aber: „Auch meine Teilzeit wird kommen.“