Der Maschinen- und Anlagenbauer aus Heidenheim will nach der Restrukturierung wachsen. Kompetenzen aufbauen müssen Voith noch „in der digitalen Welt“, sagt Konzernchef Hubert Lienhard.

Stuttgart - Der Maschinen- und Anlagenbauer Voith ist im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres in die roten Zahlen gerutscht. Unter dem Strich weist das Heidenheimer Unternehmen einen Verlust von 131 Millionen Euro aus. Ein Jahr zuvor wurde im entsprechenden Zeitraum noch ein Überschuss von 30 Millionen Euro erzielt. Grund für die negative Entwicklung seien Sonderbelastungen für Restrukturierungen, sagte Voith-Chef Hubert Lienhard bei einer Telefonkonferenz. Im Februar hatten die Heidenheimer im Rahmen des Programms „Voith 150+“ angekündigt, 1600 Arbeitsplätze zu streichen und dies nicht zuletzt mit den Problemen in der Sparte Papiermaschinen begründet. Betroffen davon waren die Standorte Heidenheim, Krefeld, Neuwied und Ravensburg. 167 Millionen Euro habe Voith dafür im ersten Halbjahr zurück gestellt.

 

An allen Standorten seien die Verhandlungen mittlerweile abgeschlossen, konkret wollte sich Lienhard zu den Ergebnissen am Freitag aber nicht äußern. Dies soll gemeinsam mit Arbeitnehmervertretern separat in den nächsten Tagen geschehen. Lienhard deutete aber an, dass konzernweit 100 Stellen weniger als geplant gestrichen würden. Trotzdem würden die ursprünglich vorgesehenen Kostensenkungen erreicht. „Das holen wir über Flexibilitätsmaßnahmen wieder rein“, sagte Lienhard. Möglich werde dies über Regelungen für die Anrechnung von Überstunden und die Ausgestaltung der Arbeitszeitkonten.

„Der Konzernumbau kommt gut voran“

„Der eingeleitete Konzernumbau kommt gut voran“, fasste Lienhard zusammen. Dadurch werde das Unternehmen wieder auf einen „nachhaltig profitablen Wachstumspfad geführt“, fügte er hinzu. Von 2016 an werde es wieder „normale Geschäftsjahre geben“, sagte der Voith-Chef. Bis Mitte nächsten Jahres soll auch die Dienstleistungssparte Voith Industrial Services einen neuen Eigentümer haben. Der Verkaufsprozess sei auf einem gutem Weg, so Lienhard. Bisher sei aber noch nicht entschieden, ob der Bereich als Ganzes oder in Teilen veräußert werden soll. Im ersten Halbjahr setzte Voith in diesem margenschwachen Geschäft 555 Millionen Euro um (plus zwölf Prozent).

Nach Lienhards Vorstellungen wird Voith ein Maschinenbauer, der „in der digitalen Welt zu Hause ist“. Heute fehle dem Unternehmen das nötige Know-how auf den Feldern Datenanalyse und Algorithmen. Diese Lücke will der Konzerngeschäft entweder durch Zukäufe oder den Aufbau eigener Kompetenzen schließen. Wohin die Reise gehen könnte, machte der Chef an einem Beispiel deutlich. Demnach könnte eine Papiermaschine in Zukunft so gesteuert werden, dass der Anteil von Recycling-Papier abhängig von den Preisen automatisch angepasst werden kann.

Voith setzt Hoffnungen in Carbonfasern

Große Hoffnung setzt das Unternehmen auch in das Geschäft mit Carbonfasern. In Garching sei eine Entwicklungs- und Produktionsgesellschaft für entsprechende Produkte angesiedelt worden. Rund 100 Beschäftigte sind dort tätig. Voith hat einen ersten Großauftrag von Audi für die hochautomatisierte Herstellung faserverstärkter Werkstoffe bekommen. Mittelfristig will Lienhard aber zum Lieferant solcher Anlagen werden.

Im laufenden Geschäftsjahr – es endet am 30. September – erwartet Lienhard einen Umsatz auf Vorjahresniveau (5,3 Milliarden Euro). Das Betriebsergebnis soll aber über dem des Vorjahres liegen; damals waren es 270 Millionen Euro. Alle Geschäftsbereiche sollen operativ mit Gewinn abschließen, verspricht Lienhard.