Die Reinhold-Maier-Stiftung und die FDP feiern bei einer Matinee in Schorndorf den 125. Geburtstag des Parteimitbegründers und ersten baden-württembergischen Ministerpräsidenten Reinhold Maier und preisen dessen Volksnähe als Erfolgsrezept.

Schorndorf - Endlich mal wieder ein Grund zum Feiern für die FDP: Die Reinhold-Maier-Stiftung hat zu einer Matinee am Sonntagvormittag anlässlich des 125. Geburtstags ihres Namensgebers in die Schorndorfer Galerien für Kunst und Technik geladen. Reinhold Maier, in Schorndorf geboren, ist der erste Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, einer der Mitbegründer der FDP nach dem Zweiten Weltkrieg und von 1957 bis 1960 deren Bundesvorsitzender gewesen (siehe „Bürgernaher Graswurzeldemokrat“).

 

Die mit etwa 50 Zuhörern recht überschaubare Zahl der Gäste führte der Schorndorfer Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) auf den Zugstreik zurück. Der angefragte Hauptredner der Veranstaltung, der Tübinger Politikwissenschaftler Hans-Georg Wehling, hatte seine Teilnahme kurzfristig gänzlich abgesagt. Somit fand auch dessen Festvortrag zum Thema „Reinhold Maier und die Parteienlandschaft im Südwesten“ nicht statt. Dementsprechend länger fiel die von dem FDP-Ehrenvorsitzenden Jürgen Morlok moderierte Gesprächsrunde „Erinnerungen an Reinhold Maier“ aus. Deren Teilnehmer waren der ehemalige Staatsminister und einstige FDP-Landesvorsitzende Karl Moersch, die Ehrenvorsitzende der FDP Stuttgart, Ingrid Walz, und Michael Theurer, der seit einem knappen Jahr das Amt des Vorsitzenden der FDP Baden-Württemberg inne hat.

In seiner Begrüßungsrede bezeichnete der frühere Justizminister Ulrich Goll Reinhold Maier als ein großes Vorbild, auch in heutiger Zeit. Der Schorndorfer sei volksnah gewesen und habe Prinzipien gehabt, sei jedoch kein Prinzipienreiter gewesen. „Er hat immer auf das Ergebnis hingearbeitet, und zwar mit allen Mitteln, die zur Verfügung standen“, sagte Goll über Maier. Um es mit Ex-Bundeskanzler Helmut Kohls (CDU) Worten zu formulieren: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“

Mit Konrad Adenauer, dem ersten deutschen Bundeskanzler, und der CDU hat der erste baden-württembergische Ministerpräsident Reinhold Maier nicht viel am Hut gehabt. Seine Äußerung, „man muss das schwarze Gewürm, wo man es trifft, auf Kopf, Bauch und Schwanz treten“, habe für Aufruhr gesorgt, erzählte Karl Moersch bei der Matinee, in deren Verlauf auch etliche spitze Bemerkungen über andere Parteien, insbesondere die Grünen, fielen.

Das Volk scheint dem Politiker seine teils derbe Ausdrucksweise nicht übel genommen zu haben. „Maier war eine Legende“, erzählte Ingrid Walz, die den Landesvater so gut kannte, dass sie von ihm gar mit Urlaubspostkarten aus Arosa bedacht wurde. Wenn Maier im Remstal oder im Welzheimer Wald im Gasthaus gesessen und mit den Leuten geschwätzt habe, was er den Erzählungen nach häufig tat, „war jeder Gastronom, der ihn bewirtete, stolz“, so Walz.

Michael Theurer bezeichnete Reinhold Maier als einen „Mutmacher“, der seiner Partei in schwierigen Phasen immer beiseite gestanden habe. Er hob das Motto „Freiheit in allen Lebenslagen“ als ein „Alleinstellungsmerkmal der FDP“ hervor. Derzeit seien er und andere Parteimitglieder unterwegs, um über ein neues Leitbild für die FDP zu sprechen und Menschen für die liberale Politik zu gewinnen.

Das Schlusswort hatte der FDP-Landtagsabgeordnete Jochen Haußmann, der sagte, dass die Liberalen Bodenständigkeit auszeichne. Dass Reinhold Maier obendrein über eine große Portion Selbstbewusstsein verfügte, illustrierte Haußmann mit einem Zitat, das Maier gegenüber einem US-General zum Thema Demokratie geäußert haben soll: „Mir hend in Württemberg scho en Landtag ghet, do isch euer Kolumbus no auf’m Scheißhäfele ghockt.“

Bürgernaher Graswurzeldemokrat

Vita
Reinhold Maier ist am 16. Oktober 1889 in Schorndorf auf die Welt gekommen. Nach dem Abitur studierte er Jura und promovierte. Nach seiner Rückkehr von der Front arbeitete er als Rechtsanwalt in Stuttgart. Während der Zeit des Nazi-Regimes floh seine Frau Gerta Goldschmidt mit den beiden Kinder nach England. Im Jahr 1971 starb Reinhold Maier in Stuttgart.