Er ist Student, Skater und Fotograf, 27 Jahre alt und präsentiert am Sonntag seine erste große Ausstellung im Bergamo: Philipp Köhler. Bei seinen analog fotografierten Bildern ist der Augenblick und damit auch der Augenkontakt essentiell, aber es geht auch um die Liebe – zum Skaten – deshalb #MEANDMYLOVE.

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

Stuttgart - Die Idee zur Bilderserie #MEANDMYLOVE hatte Philipp Köhler im Frühjahr dieses Jahres – beim Beobachten der Skateszene und ihrer medialen Darstellung. „Das Problem ist, dass die ganzen Mags immer nur einen sehr kleinen Teil der Szene repräsentieren, immer nur die krassesten Skater, an den krassesten Orten, die die krassesten Tricks draufhaben“, so der 27-Jährige. Das seien vielleicht, wenn es hoch kommt, fünf Prozent der Skater. „Die Leute, die die Szene aber ausmachen, die wichtig sind und nie repräsentiert werden, waren für mich mit ein Grund das Ganze zu starten.“

 

Also habe Philipp angefangen die Skater zu porträtieren. Für ihn sei es, wie er selbst sagt, super interessant, Leute, die keine Models sind, zu fotografieren – aber gleichzeitig auch extrem schwierig. Denn nur wenige würden sich natürlich geben, ohne beim Lächeln zu verkrampfen. Und so bemerkte der leidenschaftliche Fotograf, dass vor allem der untere Gesichtsteil das Problem sei. „Irgendwann bin ich dann auf ein Bild gestoßen, bei dem sich jemand das Board schützend vor das Gesicht gehalten hatte – ein extrem spannender Effekt, finde ich. Dass man zum einen damit in der Lage ist, diesen „anderen“ Teil zu verstecken, aber und das ist noch viel wichtiger, der Augenkontakt, der dabei entsteht, noch intensiver wird. Denn das Bild funktioniert nur über den Augenkontakt“, betont der Stuttgarter. Und man könne so auch den Charakter oder zumindest die Gefühlslage der Person erahnen. „Was die Augen mir sagen, ist für mich ein essentieller Bestandteil eines Porträts.“

Das Buch war zuerst eine Schnapsidee

Er fing also damit an, die Skater mit dem Board vor dem Gesicht zu fotografieren – aus Spaß, im Skatepark, mit Angelo und anderen Kumpels. Und dann habe sich das alles relativ schnell etabliert und sei ziemlich groß geworden. Kurze Zeit später hatte Philipp 50 Leute im Kasten und wollte mehr daraus machen. Das Buch, das 106 Bilder beinhaltet, sei aber zunächst eher eine Schnapsidee gewesen. Wäre er nicht an der Merz-Akademie und hätte so Dozenten wie Yvy, hätte er sich wohl nicht dazu entschlossen. „Durch die Leute und die Umgebung ist die Idee eigentlich erst entstanden. Ich hatte ja keine Ahnung davon, aber ich dachte: Ich mache das jetzt einfach. Im Prozess des Projekts habe ich dann realisiert, was es bedeutet ein Buch zu machen. Es war zwar immer on Point, aber auch stressig, so dass ich nie wusste: Schaffe ich das jetzt?“ Und der Druck sei richtig teuer gewesen. Aber die Reaktionen der Skater, der Dank und die Freude würden den Stress vergessen lassen. Die 11-jährige Philippa zum Beispiel malte Philipp als Dankeschön ein Bild. „Und das Bild ist so unfassbar süß“, äußert sich der Film-Student berührt. „Egal, was mit diesem Buch jetzt passiert und mir selbst als Reputation für meine Arbeit bringt, ein Kinderlächeln ist einfach das Schönste. Das ist der größte Benefit, den du davon hast.“

Doch was hat es mit dem Namen bzw. der Schreibweise #MEANDMYLOVE auf sich? Der Name sei aus dem Affekt entstanden, durch die Social-Media-Präsenz und durch die ganze Hashtaggerei. „Me“ steht für die porträtierte Person und „my Love“ dann eben für’s Skaten. Denn da seien alle Skater gleich, ob sie krasse Tricks draufhaben oder nicht. Letztendlich geht es nur darum, was das Holzbrett mit den vier Rollen in dir auslöst, um das Gefühl. „Der Hastag hatte sich dann etabliert und deshalb steht es so auch auf dem Buch.“ Und das obwohl Philipp eigentlich gar kein Fan von diesem, wie er selbst sagt, Hashtag-Gedöns ist. „Ich sehe das halt mit so einem ironischen Beigeschmack.“

Ganz im Gegenteil zu seiner ersten Ausstellung in der Soop-Kitchen, die ihm richtig gut bekam. Dort waren seine Bilder jedoch nur ein Teil von einem großen Ganzen, im Bergamo geht es am Sonntag von 17 bis 21 Uhr hingegen nur um die Werke des 27-Jährigen. Es wird groß aufgefahren. Nicht nur die untere Ebene wird Schauplatz der Vernissage. Auch die Treppe hoch zur Corso-Bar, wo man sich auf ein Skate-Video-Screening freuen darf, werden die insgesamt 25 Bilder hängen, es wird eine Buchpräsentation geben und ein DJ wird die Leute musikalisch unterhalten. „Das wird echt schön groß – eine krasse Ehre", freut sich Philipp.