Lieferanten und Abnehmer von Fälschungen stehen oft in einem komplexen Komplizen-Verhältnis. Dieser Bund hat eine lange kulturgeschichtliche Tradition, für die man Beispiele zuhauf in Martin Dolls Studie „Fälschung und Fake: Zur diskurskritischen Dimension des Täuschens“ (Kadmos Verlag) findet. An diesem Mittwoch um 20.30 Uhr hält Doll in der Stadtbibliothek einen Vortrag zum Thema, und er meint es ernst mit allem, was zwischen Witzelei und Komplott liegt.

 

„Ein Dokument beweist nichts, mit einem Dokument wird etwas bewiesen“, mit solchen Sätzen macht Doll klar, dass er auch die Arbeit von Journalisten und Historikern immer als etwas sieht, in dem Ideologie, Strategie und Fantasie mitmischen. Da wird ihm niemand widersprechen, allenfalls einwenden, der gute Journalismus versuche, sich eigener Voreingenommenheiten ständig bewusst zu werden und sie zu korrigieren.

Erdogan und Trickfiguren

Doll hat Fälle untersucht, in denen Journalisten arglistig gefälscht haben. Aber auch Journalisten treiben manchmal nur Scherze, führen etwa Interviews mit Trickfilmfiguren. Sie vertrauen darauf, dass es noch einen Konsens gibt, was erkennbar Jux ist und was Fakt. Aber die Grauzone des Unentscheidbaren ist riesig und wächst täglich. Wer etwa hätte vor kurzem für möglich gehalten, dass Erdogan gegen Böhmermann vor deutschen Gerichten klagen würde? Hätte man das nicht als Wahnwitz-Meldung aus der Heute-Show abgebucht?