Wer finanziert das rollende Sprechzimmer Medmobil für Wohnungslose in Zukunft? Geld ist noch bis Ende 2014 vorhanden. Das Projekt wird von allen Fraktionen gewollt. Die Sozialbürgermeisterin gibt ein Bekenntnis ab, und erntet doch Kritik.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Er habe „etwas mit den Beinen“, soll der etwa 50-jährige Mann beschönigend gesagt haben, als er im Medmobil nach Hilfe fragte. Seine Unterschenkel waren großflächig offen entzündet und mit einem schmierigen Eiter übersät. Ohne Hilfe, glaubt die Ärztin Barbara Holzbauer, wären die Beine wohl später nicht mehr zu retten gewesen. „Ich hätte ihn gerne in die Hautklinik geschickt“, sagt die Ärztin, die seit Projektbeginn vor mehr als drei Jahren in dem rollenden Sprechzimmer ehrenamtlich im Einsatz ist. Doch das sei für den Obdachlosen nicht in Frage gekommen – eine typische Reaktion der Patienten, die den Besuch einer Praxis oft scheuen.

 

Einmal die Woche wird dem Mann im Medmobil der Verband gewechselt. „Es wird besser“, sagt die Ärztin, die das Beispiel im Sozial- und Gesundheitsausschuss nicht ohne Grund erzählt. Der Erfolg des Medmobils ist unbestritten, doch die langfristige Finanzierung ist unklar – trotz der überraschenden Auskunft der Verwaltung im Ausschuss, dass die Mittel aus einer Erbschaft nun doch noch bis Ende 2014 reichen. In der Vorlage steht noch Ende 2013.

75 Prozent der Behandelten sind versichert

Dass sie das Medmobil für ein „unverzichtbares Angebot“ hält, stellt Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer klar. Man werde mit den Krankenkassen und dem Land wegen der Finanzierung verhandeln, so Fezer. 75 Prozent der Behandelten sind gesetzlich versichert. Bisher sei die Bereitschaft aber „nicht so groß“, sich zu beteiligen. Deshalb bereite sie einen Vorschlag vor, dass die Stadt zur Not die Finanzierung komplett übernehmen muss. Auch wenn fraktionsübergreifend von CDU bis SÖS/Linke Einigkeit darin besteht, dass das Medmobil weiter bestehen muss, stößt dieser Vorschlag auf Kritik.

So bezeichnet Jochen Stopper von den Grünen das Medmobil zwar als „Erfolgsmodell“, ergänzt aber an die Sozialbürgermeisterin gerichtet: „Dann brauchen wir gar nicht erst verhandeln, wenn Sie gleich sagen: im Notfall machen wir es alleine.“ Die Kassen profitierten vom Medmobil, da das Gros der Patienten versichert ist, deshalb müssten sie auch eingebunden sein. Auch Matthias Oechsner (FDP) findet, dass man das Medmobil erhalten müsse, warnt aber davor, sich mit einem Beschluss in eine „schlechte Verhandlungsbasis“ zu bringen. „Die Krankenkassen müssen im Boot sein“, sagt zudem Rose von Stein von den Freien Wählern.

Zusätzliches Personal ist nötig

Die Sozialbürgermeisterin sichert zu, hart zu verhandeln, wie es auch Maria Hackl (SPD) und Marita Gröger (SÖS und Linke) von ihr fordern. Es gebe eine Verpflichtung der Kassen, sich zu beteiligen, so Fezer. Dennoch sei es ihr wichtig, den Trägern des Medmobil ein klares Signal zu geben, auf das sie sich verlassen könnten.

Zudem soll die Verwaltung auf Wunsch der Stadträte nachreichen, wie hoch der zusätzliche Personalbedarf des Medmobil ist. Die beiden Sozialarbeiterinnen, die die Arbeit der ehrenamtlichen Mediziner koordinieren und auch den Kontakt zu kooperierenden Praxen pflegen, sind beide dauerhaft erkrankt. „In der personellen Ausstattung kann das Medmobil nicht weitermachen“, sagt Alexander Engelmann von der Ambulanten Hilfe, einem der Fünf Träger, die das Medmobil mit dem Verein „Ärzte der Welt“ betreiben.

Wie lange wäre Stelle aktuell zu finanzieren?

Bei den Verhandlungen mit den Kassen werde man den Mehraufwand beim Personal berücksichtigen, sichert Fezer zu. Die Verwaltung wird zudem auf Anregung der SPD vorlegen, wie lange eine weitere Sozialarbeiterstelle mit den noch zur Verfügung stehenden Mitteln aus der Erbschaft zu finanzieren wäre.