Premiere im Mercedes-Benz-Werk in Sindelfingen: Erstmals ist ein Gigaliner auf das Werksgelände gerollt. Künftig wird der Betrieb zweimal täglich von einem Großraumlastzug beliefert.

Sindelfingen - Als das 25 Meter lange Ungetüm am Montagmorgen von der Autobahn in Richtung des Mercedes-Benz-Werks in Sindelfingen (Kreis Böblingen) rollte, war es auf den Straßen noch ziemlich ruhig. Die Verantwortlichen hatten die Jungfernfahrt eines Gigaliners auf baden-württembergischen Straßen in die frühen Morgenstunden gelegt. „Wir wollten testen, ob auch alles passt. Und je später man unterwegs ist, desto voller wird es auf den Straßen rund ums Werk“, sagt Maximilian Splittgerber, ein Daimler-Sprecher.

 

Schon weit vor dem Morgengrauen war der Lastwagen in Bamberg gestartet. Am Steuer saß Rüdiger Elflein, der Chef des Logistik- und Transportzentrums Elflein persönlich. Bereits am Freitag war der Transporter von Bautzen in Sachsen nach Bamberg gefahren, voll beladen mit Kunststoffteilen – Radhäuser für die E-Klasse. „Über das Wochenende stand das Fahrzeug auf unserem Hof. Am Montag haben wir es dann nach Sindelfingen gefahren“, sagt Stefanie Kotschenreuther, die rechte Hand von Elflein, die auch mit im Truck saß. Das Unternehmen Elflein gehört zu den Unternehmen, die während der Versuchsphase mit den Lang-Lastwagen fahren. „Seit 2012 haben wir Transporte auf ausgewählten Strecken in Bayern und Sachsen“, so Stefanie Kotschenreuther.

Route führt nicht durch Wohngebiet

Der erste Transport eines Gigaliners in Baden-Württemberg unter Normalbedingungen war akribisch vorbereitet worden. „Es gab vor drei Wochen eine Testfahrt, bei der auch die Polizei und Vertreter der Sindelfinger Stadtverwaltung dabei waren“, sagt Nadine Izquierdo, die Stadtsprecherin, denn auch die Stadtverwaltung war eingebunden. „Uns ist es wichtig, dass Daimler gut arbeiten kann, aber auch dass unsere Bürger nicht durch die Gigaliner belästigt werden“, erläuterte die Stadtsprecherin. Auch das benachbarte Böblingen war einverstanden.

Die Route, die die Lang-Lastwagen laut einer Verordnung des Bundesverkehrministeriums während der Testphase fahren dürfen, führt nicht durch Wohngebiete. Die Trucks fahren über die A 81, verlassen sie an der Abfahrt Böblingen-Hulb. Von dort geht es über die B 464 und die Calwer Straße zur Einfahrt des Logistikzentrums des Werks.

Künftig werden täglich zwei dieser Riesentrucks dort ankommen. „Wir holen Teile aus dem Kunststoffwerk KNB in Bautzen und bringen sie nach Sindelfingen“, sagt Kotschenreuther von der Transportfirma. Die Ankunftszeiten jedoch variierten, sagt der Daimler-Sprecher Splittgerber. „Wir arbeiten ‚just-in-sequenz‘. Das heißt, die Teile werden streng nach Produktionsplan angeliefert, genau dann, wenn sie gebraucht werden.“ Auch das Rastatter Mercedes-Benz-Werk soll von der kommenden Woche an täglich angefahren werden.

Gigaliner sparen Sprit

Die Premiere am Montagmorgen, als der Truck um kurz nach 6 Uhr vor das Werkstor in Sindelfingen rollte, verlief problemlos. Noch nicht einmal die Polizei war vor Ort. „Das ist ein für die Straße zugelassener Lastwagen. Da müssen wir nicht aufpassen“, erklärt der Polizeisprecher Peter Widenhorn. Beim jetzigen Streckenverlauf, der überwiegend durchs Industriegebiet führt, bestehen laut Widenhorn auch keine besonderen Probleme oder Gefahrenlagen.

Etwa 50 Prozent Ladung mehr als normale Sattelschlepper könnten die Gigaliner transportieren, sagt der Daimlersprecher Splittgerber. Sie sind 6,5 Meter länger als herkömmliche Sattelschlepper, dürfen aber ebenfalls nicht mehr als 40 Tonnen wiegen – inklusive der Ladung. Deshalb werden während der bundesweiten Testphase, die bis in das kommende Jahr läuft, ausschließlich leichte Teile transportiert.

Warum braucht man diese Riesenlaster überhaupt? „Zwei Gigaliner ersetzen drei herkömmliche Lastwagen“, sagt der Daimler-Sprecher. „Dadurch sparen wir Treibstoff, und der CO2-Ausstoß verringert sich, und zwar um etwa 25 Prozent.“