Den Ludwigsburger Bundesliga-Basketballern ist ein echter Coup gelungen. Sie besiegten den seit 16 Spielen ungeschlagenen Tabellenführer Brose Baskets Bamberg 83:73 – und sind wieder auf Play-off-Kurs.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Ludwigsburg - Am Samstagabend um 20.30 Uhr ist weltweit zur Energie sparenden Earth Hour aufgerufen worden, auch in Städten der Region wie Ludwigsburg. Und prompt fiel in der dortigen MHP-Arena die Spieluhr aus. Nach wenigen Minuten war der Fehler behoben, dafür stand der Basketball-Bundesligist MHP Riesen in den nächsten zwei Stunden umso mehr unter Strom. Nix Energiesparmodus. In einem unheimlich intensiven Spiel bezwangen die Ludwigsburger die Brose Baskets aus Bamberg 83:73, der erste Sieg seit mehr als sechs Jahren gegen die Franken. Da kann man schon von einer Sensation sprechen, nicht nur weil der Tabellenführer kam, der war zuvor auch noch 16 Spiele ohne Niederlage gewesen.

 

Bis Samstag. „Kompliment an meine Mannschaft“, sagte der Trainer John Patrick, „wir haben sehr viel Energie übers gesamte Feld ausgestrahlt.“ Sprich: den Gegner schon vom ersten Ballbesitz in der eigenen Hälfte gepresst und so zu 20 Turnover, also Ballverlusten gezwungen, das war der Schlüssel zum Erfolg. Der international renommierte Gästecoach Andrea Trinchieri kam daraufhin nicht nur zu spät zur Pressekonferenz, sondern war auch kurz angebunden. „Wir waren zu weich, zu egoistisch und sehr, sehr schlecht.“ Mehr gab’s nicht zu sagen aus Sicht der Bamberger, die in dieser Saison nach einem totalen Umbruch wieder auf Titeljagd gehen wollen.

Ludwigsburg gibt sich mit den Play-offs zufrieden, da bleibt das Team im Rennen, was nach zuletzt zwei Niederlagen gegen Ulm und in Bonn ernsthaft in Gefahr geraten war und auch jetzt noch längst nicht unter Dach und Fach ist. „Wir müssen auf dem Boden bleiben“, sagt Patrick. Doch auch die Mannschaft betont: „Natürlich wollen wir in die Play-offs“, sagt der Defensivspezialist John Little, der mitverantwortlich dafür war, dass die Bamberger mit zunehmender Spielzeit immer öfter unter Druck gerieten, innerhalb der 24 Sekunden zum Abschluss zu kommen. Ludwigsburg dagegen konnte auf den Center und Reboundkönig Jon Brockman setzen und erstmals so richtig auch auf seinen oft geschmähten Backup Chris McNaughton, der sein wohl bestes Spiel im Ludwigsburger Trikot machte, defensiv wie offensiv. Daneben war auf den Topscorer DJ Kennedy („wichtig sind Siege, nicht meine Punkte“) Verlass – und speziell auf Shawn Huff (beide 17 Punkte), den coolen Finnen. Immer wenn’s brenzlig wurde, traf er von jenseits der Drei-Punkte-Linie, fünfmal bei acht Versuchen. Respekt. „Wir brauchen die Leute, die von der Bank kommen“, betont Patrick stets, denn nur auf die Stammformation zu setzen ist beim aggressiven Spiel der Ludwigsburger riskant.

„Wir sind ja noch nicht auf einem Play-off-Platz“, sagte Patrick. Das änderte sich am Sonntag durch die Niederlage von Quakenbrück. So soll es bleiben, selbst wenn der Vorsitzende Alexander Reil meint: „Wenn’s nicht klappt, wäre es kein Beinbruch.“ Aber zumindest eine schmerzhafte Prellung. Reil: „Natürlich wäre es schön, wenn wir den Erfolg vom Vorjahr wiederholen könnten.“ Weniger aus Finanz- als aus Imagegründen. Basketball ist wieder in – in Ludwigsburg, der Zuschauerschnitt liegt bei 3926 (ein Plus von 4,4 Prozent zum Vorjahr). Am Samstag blieben bei 4258 Besuchern lediglich ein paar Stehplätze frei.

Aktuell haben die MHP Riesen ein ausgeglichenes Punktekonto. In der Vergangenheit waren meist 18 Siege nötig, um unter die besten acht zu kommen. Will heißen: aus sechs Spielen müssen noch vier Siege her. Das ist angesichts des Restprogramms machbar, aber kein Selbstläufer. Auch im Basketball ist das nächste Spiel immer das schwerste. Am Donnerstag in Crailsheim, Letzter statt Erster. Umgekehrte Vorzeichen also. „Gegen Bamberg hatten wir keinen Druck“, sagt Patrick, „gegen uns hat Crailsheim keinen Druck.“ Das macht es gefährlich. Deshalb kann Ludwigsburg auch gegen das Schlusslicht keine Energie sparen, sprich einen Spieler schonen. „Wir brauchen jeden Mann“, sagt Patrick. Am besten unter Hochspannung.