Kurz vor elf Uhr schrillt die Schulglocke. Es ist Lunch-Time. Die Schüler drängen aus den Klassenzimmern und in die Turnhalle, die sich mit Tischen und Bänken in eine Kantine verwandelt hat. Ein Gewusel aus Haarschöpfen. Mittendrin steht der Rektor Rick Renninger und versucht, das Chaos zu bändigen. Er hat ein großes, helles Büro mit Sekretärin gleich am Eingang der Schule. Meist ist sein Schreibtisch aber verwaist. Ein Schulleiter müsse wissen, was seine Schüler umtreibe, meint er. Deshalb stürzt er sich lieber ins Geschehen.

 

Auf einer Seite der Halle schaufeln Mitarbeiter Bohnen und Reis mit Fleisch auf Plastiktabletts. Einen Stand weiter decken sich Kinder mit Pizzen, Burgern und Wraps ein. Fast Food in der Schulkantine, in den USA ist das eher die Regel als die Ausnahme. In einer Ecke piept eine Mikrowelle. Michael, der das Schulessen nicht mag, packt seine Vesperdose aus, während seine Freunde ihre Tabletts zu seinem Tisch balancieren. Er knabbert noch an ein paar Chips, als sie schon wieder aufspringen. Den Rest der Pause wollen die Jungs im Freien verbringen. Michael folgt ihnen vorbei an Schaukeln, Klettergerüsten und Rutschen zum Basketballfeld. Schnell haben sich zwei Teams gebildet, die versuchen, sich gegenseitig den Ball abzuluchsen. Im Hintergrund ragt Stacheldrahtzaun auf.

„Basketball ist okay“, sagt Michael. Früher in den USA hat er aber lieber Baseball gespielt. Er war oft im Stadion. In Deutschland bieten die amerikanischen Schulen den Sport erst zur Highschool an. Nicht mal im Fernsehen kann er sich die amerikanischen Teams ansehen – die Spiele laufen wegen der Zeitverschiebung so spät, dass ihn seine Mutter längst ins Bett geschickt hat. Er vermisst Baseball, wie ein deutscher Junge wohl Fußball vermissen würde.

Außer Atem trotten die Jungen wenig später zurück zum Unterricht. Health Education bei Mr. Reed, heute auf dem Lehrplan: Sexualkunde.

Michael mag Fleischkäse

Ein paar Stunden in der Woche hat Michael auch Deutschunterricht. „Es gibt viele komplizierte Wörter, und die Aussprache ist schwierig“, stöhnt er. Es ist nicht leicht, Deutsch zu lernen, wenn um einen herum alle Englisch sprechen und selbst im Fernseher zu Hause nur amerikanische Sender laufen. Immerhin kennt er inzwischen genügend Wörter, um für seine Eltern im Restaurant zu bestellen oder am Wochenende mal beim Bäcker einzukaufen.

Deutschlandweit gibt es mehr als 17 000 Kinder wie Michael, die spezielle amerikanische Schulen besuchen, weil ihr Vater und/oder ihre Mutter in der Armee dienen. Allein um Stuttgart existieren fünf Einrichtungen. Erst 2015 wurde bei der Panzerkaserne in Böblingen ein riesiger neuer Campus mit Grundschule und Highschool für mehr als tausend Schüler eröffnet. 65 Millionen Euro hat die US Army investiert.

Die Schulen tragen viel dazu bei, dass Kindern aus Militärfamilien der Ortswechsel leichtfällt. „Die Ähnlichkeit zu Amerika ist sehr groß“, sagt Michael. Oft verbringt er auch seine Nachmittage in der Kaserne. Gleich neben dem Eingang der Patch Middle School wirbt eine Tafel fürs Freizeitprogramm: Es gibt einen Book Club, einen Debate Club und einen Adventure Club, sogar einen German Club. Am nächsten Abend findet ein Schulball statt. Michael besucht die Treffen der Boy Scouts, der Pfadfinder. Neue Freunde finden? „Kein Problem“, sagt er. Die anderen Schüler suchen genauso Anschluss wie er. Ein deutscher Freund allerdings, jemand aus seiner Nachbarschaft, fällt ihm nicht ein.

Die Turnhalle als Kantine

Kurz vor elf Uhr schrillt die Schulglocke. Es ist Lunch-Time. Die Schüler drängen aus den Klassenzimmern und in die Turnhalle, die sich mit Tischen und Bänken in eine Kantine verwandelt hat. Ein Gewusel aus Haarschöpfen. Mittendrin steht der Rektor Rick Renninger und versucht, das Chaos zu bändigen. Er hat ein großes, helles Büro mit Sekretärin gleich am Eingang der Schule. Meist ist sein Schreibtisch aber verwaist. Ein Schulleiter müsse wissen, was seine Schüler umtreibe, meint er. Deshalb stürzt er sich lieber ins Geschehen.

Auf einer Seite der Halle schaufeln Mitarbeiter Bohnen und Reis mit Fleisch auf Plastiktabletts. Einen Stand weiter decken sich Kinder mit Pizzen, Burgern und Wraps ein. Fast Food in der Schulkantine, in den USA ist das eher die Regel als die Ausnahme. In einer Ecke piept eine Mikrowelle. Michael, der das Schulessen nicht mag, packt seine Vesperdose aus, während seine Freunde ihre Tabletts zu seinem Tisch balancieren. Er knabbert noch an ein paar Chips, als sie schon wieder aufspringen. Den Rest der Pause wollen die Jungs im Freien verbringen. Michael folgt ihnen vorbei an Schaukeln, Klettergerüsten und Rutschen zum Basketballfeld. Schnell haben sich zwei Teams gebildet, die versuchen, sich gegenseitig den Ball abzuluchsen. Im Hintergrund ragt Stacheldrahtzaun auf.

„Basketball ist okay“, sagt Michael. Früher in den USA hat er aber lieber Baseball gespielt. Er war oft im Stadion. In Deutschland bieten die amerikanischen Schulen den Sport erst zur Highschool an. Nicht mal im Fernsehen kann er sich die amerikanischen Teams ansehen – die Spiele laufen wegen der Zeitverschiebung so spät, dass ihn seine Mutter längst ins Bett geschickt hat. Er vermisst Baseball, wie ein deutscher Junge wohl Fußball vermissen würde.

Außer Atem trotten die Jungen wenig später zurück zum Unterricht. Health Education bei Mr. Reed, heute auf dem Lehrplan: Sexualkunde.

Michael mag Fleischkäse

Ein paar Stunden in der Woche hat Michael auch Deutschunterricht. „Es gibt viele komplizierte Wörter, und die Aussprache ist schwierig“, stöhnt er. Es ist nicht leicht, Deutsch zu lernen, wenn um einen herum alle Englisch sprechen und selbst im Fernseher zu Hause nur amerikanische Sender laufen. Immerhin kennt er inzwischen genügend Wörter, um für seine Eltern im Restaurant zu bestellen oder am Wochenende mal beim Bäcker einzukaufen.

Das Essen gehört zu den Dingen, die er an Deutschland besonders mag. Die neueste Entdeckung: Fleischkäse. „Freunde haben uns das gezeigt, wir hatten keine Idee, was es sein sollte, aber wir lieben es.“ Über die bunten Kringel, das, was hier als Donuts verkauft wird, kann er allerdings nur lachen. „Noch nie einen amerikanischen Donut probiert, was?“

Noch etwas anderes schätzt er an seiner neuen Heimat. Letzten Sommer, als der Präsident noch Barack Obama hieß, besuchte er die USA. Er hatte sich auf den Urlaub gefreut, und doch war er froh, nach ein paar Wochen wieder in Deutschland zu sein. „Hier fühle ich mich sicherer“, sagt er und meint damit, dass ihn seine Eltern ohne Bedenken allein mit seinen Freunden um die Häuser ziehen lassen. Das war in den USA nicht immer möglich.

Bald wird er wieder umziehen müssen

Michaels letzte Schulstunde für diesen Tag beginnt, Advisory. Die Schüler können unter Aufsicht Hausaufgaben machen oder in dieser Zeit Gespräche mit anderen Lehrern führen. Stumm beugen sich die Köpfe über aufgeschlagene Bücher. Im Hintergrund klingt meditative Musik. Als Michael um halb drei seinen Kram zusammenpackt, hängt in den Gängen Popcornduft. Ein paar Mütter verkaufen Tüten mit dem gepoppten Mais, gesalzen und gebuttert, wie es die Amerikaner am liebsten naschen, um Geld für die Schule zu sammeln.

Vor dem Gebäude warten schon Michaels Eltern und Schwester Molly. Der Vater trägt noch seine Uniform in Fleckentarn. Sie wollen noch eben rüber in den amerikanischen Supermarkt und dann Michael zum Boy-Scouts-Treffen bringen. Erst am Abend wird der Junge die Kaserne verlassen. Manchmal, sagt er, habe er wirklich das Gefühl, in zwei Welten zu leben. Draußen in Deutschland, hinter der Schranke in Amerika. Er wird bald wieder umziehen müssen. Wohin, weiß er nicht. „Zu Hause ist, wo die Armee ist“, sagt er. Daran hat er sich gewöhnt.