Weil Arbeitministerin Andrea Nahles (SPD) kleine Unstimmigkeiten in der Mindestlohn-Regelung bereinigt, hilft sie dem Gesamtprojekt, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Arbeitsministerin Andrea Nahles tut gut daran, es nicht auf eine Konfrontation mit der EU-Kommission ankommen zu lassen. Den Mindestlohn für ausländische Lkw-Fahrer, die sich auf der Durchreise befinden, bis zur rechtlichen Klärung auszusetzen, ist ein sinnvoller Schritt. Der Konflikt hätte sonst womöglich das gutnachbarschaftliche Verhältnis mit Polen oder Tschechien belastet.

 

Das Zurückweichen von Nahles an einer wenn auch unbedeutenden Stelle des Gesetzespakets ist ein Signal, dass die Bundesregierung die Mindestlohn-Regelungen doch nicht als unumstößlich betrachtet – allem machtvollen Eintreten der SPD-Führung zum Trotz. Der Druck auf Nahles aus der Wirtschaft wird immer größer. Die Gewerkschaften verfolgen dies mit Argusaugen und könnten bei Bedarf selbst in die Offensive gehen. Da droht eine offene Auseinandersetzung. Dennoch ist, wie jetzt bei den Lkw-Fahrern, weiterhin Pragmatismus angezeigt. Der Mindestlohn darf nicht wie Schweizer Käse durchlöchert werden. Wo sich aber etwa Aufzeichnungspflichten für die Betriebe als völlig überzogen erweisen, könnten sie begrenzt werden. Nahles sollte alles dafür tun, dass das Gesamtprojekt keinen irreparablen Imageschaden erleidet. Damit täte sie den Millionen Arbeitnehmern, die vom gesetzlichen Mindestlohn profitieren, einen großen Gefallen.