Der smarte Computer am Handgelenk ist die heimliche Markthoffnung von Apple, Google und Samsung. Der Schlüssel für den Markterfolg wird sein, ob man den Besitzern den Zusatznutzen der intelligenten Uhr schmackhaft machen kann.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Die einst revolutionäre Entwicklung, dass ein leistungsstarker Computer in jede Hosentasche passt, ist für Hunderte Millionen Menschen inzwischen Alltag. Vier Jahre ist es zudem her, dass sich mit dem Tablet-Computer eine völlig neue elektronische Produktkategorie etablierte. Für die Branche ist es also höchste Zeit für „the next big thing“, das neue große Ding, wie es im Jargon von Silicon Valley heißt. Während die Margen auf dem Markt für Smartphones und Tablets unter Druck sind, lockt dem Pionier, dem es gelingen sollte, eine neue Produktkategorie zu etablieren, ein Milliardengeschäft.

 

Ein nächster Entwicklungsschritt erscheint logisch: Die Minicomputer sollen heraus aus den Jacketts und Handtaschen und sozusagen mit dem Körper verschmelzen. Als Erster ist der Suchmaschinenbetreiber Google vorgeprescht. Seit einigen Monaten zeigt er Prototypen einer Brille, an die ein kleiner Computer angeschraubt ist. Der soll es erlauben, jederzeit Fotos zu schießen oder eine Wegbeschreibung ins Sichtfeld einzublenden.

Doch das nächste unseren Alltag verändernde elektronische Gerät könnte auch an einen Körperteil drapiert werden, der in den vergangenen Jahren erst freigeräumt wurde – dem Handgelenk. Armbanduhren sind bei jüngeren Nutzern aus der Mode gekommen, weil sie die Uhrzeit lieber auf dem Smartphone ablesen. Kann man Sie mit einem Minicomputer für den Arm wieder locken?

100 Apple-Entwickler beschäftigen sich mit der iWatch

Die seit Jahresanfang aufgekommenen Gerüchte, wonach Apple an einer Computeruhr arbeite, haben sich verdichtet. Seriöse US-Medien wie das „Wall Street Journal“ oder die „New York Times“ haben sie inzwischen mit Details unterfüttert, etwa der Tatsache, dass sich bei Apple inzwischen mehr als 100 Entwickler mit diesem Projekt beschäftigen. Wann ein solches Produkt auf den Markt kommt und ob es tatsächlich iWatch heißen wird, ist offen.

Der Konkurrent Samsung, der das Image des Nachahmers ablegen will, hat sogar offiziell bestätigt, dass man an einem Armband-Smartphone arbeite. Unter Berufung auf Unternehmenskreise berichtete zuletzt die „Financial Times“, dass auch Google ein solches Projekt vorantreibe. Einige kleinere US-Hersteller haben sich schon heute auf den Markt für intelligente Uhren gewagt. Die Start-up-Firma Pebble bietet seit Anfang des Jahres eine „Smartwatch“ an, die sich drahtlos mit dem vorhandenen Smartphone oder Tablet-Computer verbindet. Ein halbes Dutzend anderer Firmen stehen in den USA mit ähnlichen Produkten in den Startlöchern.

Auf der Uhr sind beispielsweise E-Mail-Benachrichtigungen mit einem schnellen Blick ablesbar. Der Griff in die Tasche wird überflüssig. Um Antwortmails zu tippen oder Internetseiten anzuschauen, hat man aber das reguläre Smartphone weiterhin greifbar. Selbst das beste Design kann nämlich den winzigen Bildschirm einer Uhr nicht größer machen, als er ist.

In der Kombination von smarter Uhr mit einem schon vorhandenen elektronischen Gerät könnte eine bisher noch nicht da gewesene Marktchance liegen. Frühere, etwa von Samsung gemachte Anläufe, die Funktionen eines Handys in eine Uhr zu packen, haben sich nicht durchsetzen können. Das könnte nun auch dank neuer Technologien anders werden. Ein im vergangenen Jahr von der US-Firma Corning patentiertes Spezialglas ermöglicht es, berührungsempfindliche Bildschirme in jede beliebige Form zu biegen. Sie können sich beispielsweise perfekt an die Konturen eines Armes schmiegen.

Apple hat sich die Idee bereits 2011 mit einem Patent gesichert

Ein bereits 2011 von Apple eingereichtes, aber erst jetzt bekannt gewordenes Patent lässt deshalb aufhorchen: Die Firma hatte die Idee eines flexiblen, mit Stahl verstärkten Armbands, das sich geschmeidig um das Handgelenk krümmt. Das Armband könnte laut Apple-Patent mit einem flexiblen Display versehen werden. Vor allem Apple hat beim Thema Innovation einen Ruf zu verlieren. Die Firma hat immer auch Dinge erfunden, von denen die Kunden noch nicht einmal ahnten, dass sie diese brauchten. Mit dem iPod Nano hat man im Übrigen erste Schritte in Richtung einer weiteren Miniaturisierung bereits getan. Die Zeichen auf dem Markt für Hightech-Uhren stehen zudem nicht schlecht. „Die erfolgreiche Einführung eines solchen Geräts könnte illustrieren, dass Innovationen bei Apple immer noch ganz hoch angesiedelt sind“, heißt es in einer Analyse der US-Consultingfirma Sanford C. Bernstein.

Der Schlüssel für den Markterfolg wird sein, ob man den Besitzern von Smartphones und Tablets den Zusatznutzen der intelligenten Uhr schmackhaft machen kann. Das Gerät am Handgelenk würde auch zu dem etwa vom neuen Smartphone Galaxy S4 von Samsung repräsentierten Trend passen, dass man Körperfunktionen und sportliche Aktivitäten messen kann. Berührungsloses Bezahlen würde ebenfalls einfacher werden, wenn nur der Arm an der Kasse vorgestreckt werden muss.

Die „New York Times“ zeigte sich in einer Analyse der Marktchancen für die neuen Produkte davon überzeugt, dass sich Apple und Samsung mit dem Handgelenk wohl den besseren Ort zur elektronischen Aufrüstung des Menschen ausgesucht haben als Google mit seiner Brille: „Konsumenten werden sehr wahrscheinlich von einem Computer eingeschüchtert sein, der ihnen an der Augenbraue hängt. Im Vergleich dazu wirkt das Handgelenk nicht so befremdlich“, schreibt das Blatt.