Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Die neu eröffnete Pilsbar, die Motzer als Nächstes besucht, hat einen Mitarbeiter und schon vor Mittag sechs Besucher. Der Chef lehnt am Tresen, hinter ihm läuft ein Fernseher. Motzer erklärt, er habe in einem der Anzeigenblätter, die er aus beruflichen Gründen liest, sein Inserat entdeckt – und gerade eben noch eine Tafel, auf der mit Liveübertragung von Sportveranstaltungen geworben wird.

 

Vom Gema-Besuch wirkt der Wirt wenig überrascht. Dass er fürs Public Viewing extra zahlen soll, erregt ihn schon: „Was kostet mich die Liveübertragung?“ – „90 Euro, wenn Sie Dehoga-Mitglied sind.“ – „Bin ich. Und wer kriegt dann meine 90 Euro?“ – „Einige Songs sind urheberrechtlich geschützt.“ – „Dann machen wir eben da den Ton aus.“ – „Die Gema verteilt auch Geld an die Moderatoren.“ – „Ich zahle doch schon für die ARD.“ – „Ja sicher, aber ich bin nicht die GEZ.“ Motzer verabschiedet sich mit einem „Pfia Gott“ und notiert auf seiner Liste: Dehoga anrufen, Vertragsangebot zuschicken. Es wird kein Angebot sein, über das der Wirt verhandeln könnte.

Natürlich flöten ihm viele was von hohen Kosten und geringen Umsätzen vor. Andererseits, findet Motzer, seien 90 Euro nicht viel für eine EM-Übertragung, die ja auch Zusatzeinnahmen verspricht. Auch die anderen 84 Tarife hält er für angemessen. Radio in einem Fitnessstudio bis 400 Quadratmeter etwa kostet 692,33 Euro im Jahr. Wer CDs mit geschützten Liedern in einer Eisdiele mit weniger als 100 Quadratmetern abspielt, zahlt 188,10 Euro. Radio in Krankenhäusern: 4,05 Euro je Patientenzimmer. Alles so ausgehandelt zwischen der Gema und den Verbänden. Wenn so ein Betrag einem Laden den Garaus mache, habe der viel grundlegendere Probleme, meint Motzer.

Unter anderem viele Gastronomen und Musiker werfen der Gema vor, dass sie viel zu bürokratisch sei und kein Gespür für die Bedürfnisse ihrer „Kunden“ habe. Eine Konkurrenz-Gema hat aber noch niemand aufgebaut. Rechtlich wäre das durchaus möglich.

Manfred Motzer lässt auf seinen Arbeitgeber kein schlechtes Wort kommen, obwohl der ihm das Leben auch nicht immer leicht macht. Da wären zum Beispiel die Inseratsdienste: Das sind externe Dienstleister, die Zeitungen, Zeitschriften und Websites nach Musikveranstaltungen durchforsten, die nicht bei der Gema angemeldet wurden. Danach geht manche kuriose Forderung in die Post. Das Internet ist voller Geschichten wie denen vom Seniorensingen des VfL Herrenberg, dem Steinkimmener Kinderfasching oder dem Sing-Treff im Café Fahrdorf, wo Monate nach der Veranstaltung eine Gema-Rechnung samt 100 Prozent Säumnisaufschlag einging. Es liegt dann am Beschuldigten nachzuweisen, dass die (nicht angemeldete) Veranstaltung nur privat war oder dabei nur Gema-freies Liedgut gesungen, gespielt oder wiedergegeben wurde. Den Frust darüber kriegt nicht der Inseratsdienstleister ab, dessen Honorar sich an den verschickten Rechnungen bemisst, sondern Manfred Motzer – oder ab und zu auch Barbara Gröger.

Man merkt, dass Motzer seine höflichen Sprüche schon seit 13 Jahren aufsagt. Es geht an einem Friseursalon vorbei („Den hab ich schon“), in eine Imbissstube („Bei Ihnen ist ja immer noch alles gleich, gell?“), einen Laden für E-Zigaretten und die daneben gelegene Sportwetten-Bar. Vier Minuten, vier Besuche, vier Haken auf der Liste.

Er habe zwar den leisen Verdacht, dass viele nicht ganz genau wüssten, wofür sie da überhaupt zahlten, aber die meisten Kneipen-, Laden-, Fitnessstudio- und sonstigen Betreiber beglichen ihre Rechnung regelmäßig, sagt Manfred Motzer. Erst ein einziges Mal sei einer handgreiflich geworden. Gemeckert werde hingegen schon ab und zu. Er sagt dann: „Sie haben zwei Optionen: zahlen oder Musik aus.“

Wer die Musik weder ausmacht noch dafür zahlt, dem flattern eine Schadenersatzforderung, ein Anwaltsschreiben und dann eine Vorladung vom Amtsrichter ins Haus. Die Gema ist ein Verein, aber eigentlich eine Behörde, die Urheberrechte durchsetzt. Wer Musik öffentlich abspielt, kommt an ihr nicht vorbei.

Warum EM-Übertragungen extra kosten

Die neu eröffnete Pilsbar, die Motzer als Nächstes besucht, hat einen Mitarbeiter und schon vor Mittag sechs Besucher. Der Chef lehnt am Tresen, hinter ihm läuft ein Fernseher. Motzer erklärt, er habe in einem der Anzeigenblätter, die er aus beruflichen Gründen liest, sein Inserat entdeckt – und gerade eben noch eine Tafel, auf der mit Liveübertragung von Sportveranstaltungen geworben wird.

Vom Gema-Besuch wirkt der Wirt wenig überrascht. Dass er fürs Public Viewing extra zahlen soll, erregt ihn schon: „Was kostet mich die Liveübertragung?“ – „90 Euro, wenn Sie Dehoga-Mitglied sind.“ – „Bin ich. Und wer kriegt dann meine 90 Euro?“ – „Einige Songs sind urheberrechtlich geschützt.“ – „Dann machen wir eben da den Ton aus.“ – „Die Gema verteilt auch Geld an die Moderatoren.“ – „Ich zahle doch schon für die ARD.“ – „Ja sicher, aber ich bin nicht die GEZ.“ Motzer verabschiedet sich mit einem „Pfia Gott“ und notiert auf seiner Liste: Dehoga anrufen, Vertragsangebot zuschicken. Es wird kein Angebot sein, über das der Wirt verhandeln könnte.

Natürlich flöten ihm viele was von hohen Kosten und geringen Umsätzen vor. Andererseits, findet Motzer, seien 90 Euro nicht viel für eine EM-Übertragung, die ja auch Zusatzeinnahmen verspricht. Auch die anderen 84 Tarife hält er für angemessen. Radio in einem Fitnessstudio bis 400 Quadratmeter etwa kostet 692,33 Euro im Jahr. Wer CDs mit geschützten Liedern in einer Eisdiele mit weniger als 100 Quadratmetern abspielt, zahlt 188,10 Euro. Radio in Krankenhäusern: 4,05 Euro je Patientenzimmer. Alles so ausgehandelt zwischen der Gema und den Verbänden. Wenn so ein Betrag einem Laden den Garaus mache, habe der viel grundlegendere Probleme, meint Motzer.

Unter anderem viele Gastronomen und Musiker werfen der Gema vor, dass sie viel zu bürokratisch sei und kein Gespür für die Bedürfnisse ihrer „Kunden“ habe. Eine Konkurrenz-Gema hat aber noch niemand aufgebaut. Rechtlich wäre das durchaus möglich.

Manfred Motzer lässt auf seinen Arbeitgeber kein schlechtes Wort kommen, obwohl der ihm das Leben auch nicht immer leicht macht. Da wären zum Beispiel die Inseratsdienste: Das sind externe Dienstleister, die Zeitungen, Zeitschriften und Websites nach Musikveranstaltungen durchforsten, die nicht bei der Gema angemeldet wurden. Danach geht manche kuriose Forderung in die Post. Das Internet ist voller Geschichten wie denen vom Seniorensingen des VfL Herrenberg, dem Steinkimmener Kinderfasching oder dem Sing-Treff im Café Fahrdorf, wo Monate nach der Veranstaltung eine Gema-Rechnung samt 100 Prozent Säumnisaufschlag einging. Es liegt dann am Beschuldigten nachzuweisen, dass die (nicht angemeldete) Veranstaltung nur privat war oder dabei nur Gema-freies Liedgut gesungen, gespielt oder wiedergegeben wurde. Den Frust darüber kriegt nicht der Inseratsdienstleister ab, dessen Honorar sich an den verschickten Rechnungen bemisst, sondern Manfred Motzer – oder ab und zu auch Barbara Gröger.

Zeitungen und das Internet werden durchforstet

Die Leiterin der Gema-Bezirksdirektion hat ihren Sitz in Stuttgart. Ihre 50 Mitarbeiter verwalten bundesweit alle Verträge mit Gastronomen. In der Telefon-Warteschleife läuft ein Lied von Abba: „ . . . so I say thank you for the music / for giving it to me“. Danke für die Musik – kostet 155,20 Euro im Jahr.

Veranstaltungen nachzuspüren sei „schon wegen der Gleichbehandlung“ notwendig, sagt Gröger. Eine fünfstellige Zahl an Konzerten, Partys und Ähnlichem werde in Baden-Württemberg Jahr für Jahr entdeckt. Sie ist es gewohnt, Kritik zu parieren. Klar seien die Gema-Tarife „nicht ganz trivial“ und müssten der technischen Entwicklung angepasst werden. Andererseits gebe es bei der Gema sämtliche Nutzungsrechte aus einer Hand. Letztlich sei es doch so: „Für die Band gibt man gerne Geld aus. Aber komponiert wurde die Musik im stillen Kämmerlein.“ Gäbe es die Gema nicht, würde keiner der 60 000 bei ihr angemeldeten Musikautoren noch Songs schreiben, sagt Gröger.