Numericable SFR bietet angeblich zehn Milliarden Euro für den defizitären Konkurrenten. Die französische Regierung ist nicht begeistert. Andere Zusammenschlüsse in Europa hätten „negative“ Auswirkungen gehabt.

Paris - Der zweitgrößte französische Telekomkonzern Numericable SFR will offenbar für zehn Milliarden Euro den Mobilfunkrivalen Bouygues kaufen. Der Milliardär Patrick Drahi, der starke Mann beim Kabelkonzern Altice, zu dem Numericable SFR gehört, habe die Offerte vor rund zehn Tagen vorgelegt, berichtete das Sonntagsblatt „Journal du Dimanche“. Die Führung von Bouygues Telecom wolle am Dienstag darüber beraten. Die Unternehmen waren am Wochenende für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

 

Die französische Regierung hat die Pläne von Drahi und Numericable SFR umgehend kritisiert. „Es ist nicht der Zeitpunkt für opportunistische Fusionen, die im Interesse einiger Menschen, aber nicht im Interesse der Öffentlichkeit sind“, sagte Wirtschaftsminister Emmanuel Macron der Nachrichtenagentur AFP. Andere Zusammenschlüsse in Europa hätten „negative“ Auswirkungen gehabt. Anstelle von Konsolidierungen müssten Jobs, Investitionen und ein besserer Kundendienst Priorität haben. In Frankreich beginnt demnächst eine Auktion, in der Frequenzen für die nächste Mobilfunkgeneration 4G versteigert werden; zudem ermuntert die Regierung Anbieter, in die Glasfasernetze zu investieren. Macron ist mit seinen Sorgen nicht alleine. EU-Kommissarin Margrethe Vestager hatte in der vorigen Woche in Paris gesagt, sie sei misstrauisch gegenüber Telekom-Fusionen, weil sie zu höheren Preisen für die Konsumenten und zu einem geringeren Innovationstempo in der Branche führen könnten.

Nach dem Bericht des „Journal du Dimanche“ sind die Verhandlungen in vollem Gange. Bouygues-Chef Martin Bouygues fordere eine Erhöhung des Angebots auf elf Milliarden Euro. Mit den Verhandlungen vertraute Kreise bestätigten den Bericht. Drahi bietet einen relativ hohen Preis. Analysten bewerten Bouygues nur mit fünf Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr hat Martin Bouygues ein Angebot von Iliad, der Muttergesellschaft des Billiganbieters Free, in Höhe von fünf Milliarden Euro abgelehnt. Um Wettbewerbsprobleme zu umgehen, fasst Drahi nach Medienberichten eine Vereinbarung mit Iliad und dem bisherigen Marktführer Orange ins Auge. Danach würde Iliad von Bouygues in größerem Umfang Frequenzen und Sendemasten kaufen. Orange wiederum, so heißt es, könnte einige Hundert Mitarbeiter übernehmen. Solche Überlegungen soll es, ermuntert von der französischen Regierung, im vergangenen Jahr schon einmal gegeben haben. Die Gespräche, so heißt es, seien aber an Bewertungsfragen sowie an der Frage, wie Bouygues zwischen Iliad und Orange aufgeteilt werden könnte, gescheitert.

Um die defizitäre Mobilfunksparte des Mischkonzerns Bouygues ranken sich seit Monaten Übernahmespekulationen. Das Unternehmen hat sich aber mehrfach gegen einen Verkauf ausgesprochen. Seit dem Start von Free vor drei Jahren tobt in der französischen Mobilfunkbranche ein Preiskampf, der die etablierten Konzerne unter Druck setzt. Nach einem Bericht der „Financial Times“ hat Martin Bouygues zum Jahresbeginn ein Übernahmeangebot von Drahi in Höhe von neun Milliarden Euro abgelehnt.

Durch den Kauf von Bouygues würde Numericable SFR zum größten Mobilfunkanbieter Frankreichs vor Orange und die Nummer zwei unter den Internetanbietern. Erst im vergangenen Jahr hat Numericable die damalige Videndi-Tochter SFR erworben. In dem milliardenschweren Bieterrennen um SFR hatte Bouygues den Kürzeren gezogen. Drahi wurde in Medienberichten zuletzt auch ein Interesse an dem US-Kabelriesen Time Warner Cable nachgesagt. Experten zufolge will er unter dem Dach von Altice ein Kabel- und Mobilfunkimperium schmieden. So hat er in den zurückliegenden 18 Monaten nicht nur SFR übernommen, sondern auch Portugal Telecom sowie das US-Kabelunternehmen Suddenlink.

Dem französisch-israelischen Unternehmer Patrick Drahi gehören in Frankreich schon Mehrheitsanteile an der Zeitung „Libération“ und dem Wochenmagazin „L’Express“; er besitzt überdies den israelischen TV-Sender i24 News.