Die Jugendfarm Möhringen-Vaihingen wird 40 Jahre, der Naturkindergarten zehn Jahre alt.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Das Geburtstagsgeschenk steht bereits im Stall. Es ist ein irisches Zigeunerpferd, sieben Jahre alt und hört auf den Namen Merlin. „Er ist unser Jubiläumspferd“, sagt Thomas Lang, einer der hauptamtlichen Mitarbeiter der Jugendfarm. Und das Jubiläum, von dem er spricht, setzt sich aus 40 Jahren Jugendfarmverein und zehn Jahre Naturkindergarten zusammen.

 

Erika Deringer hatte Anfang der 70er Jahre die Idee, zwischen den Feldern und Kleingärten nahe dem Haldenwald eine Jugendfarm zu eröffnen. Die junge Frau engagierte sich damals auf dem Gelände im Elsental, der ersten Jugendfarm überhaupt. Gemeinsam mit dem Fernsehpfarrer Jörg Zink trieb sie das Projekt voran. „Beide hatten gute Kontakte und so konnte der Jugendfarmverein im Juli 1972 gegründet und einige Monate später die Farm als dritte ihrer Art im Raum Stuttgart eröffnet werden“, sagt Marion Kalka, die ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern gehört.

Zunächst gab es nur einen Bauwagen und einen Stall

„Damals war das Gelände hier ganz flach und es standen lediglich ein paar alte Bäume“, erinnert sich Kalka. Als feste Unterkünfte gab es nur einen Bauwagen für die Vereinsmitglieder und einen Stall für die Pferde. Doch schon nach zwei Jahren stand das Farmhaus. Das Gebäude hatte ursprünglich den Technischen Werken Stuttgart als Röhrenlager gedient, wurde als solches Anfang der 70er Jahre aber nicht mehr gebraucht, an seinem ursprünglichen Platz ab- und auf der Farm neu aufgebaut.

Viel verändert hat sich in den 40 Jahren nicht. „Die Gründer sind so professionell und mit so viel Herzblut an die Sache rangegangen, dass wir bis heute davon zehren“, sagt Kalka. Schon in den frühen Jahren der Farm wurden die Reitbahn und -halle gebaut. 1988 kam die 100 Quadratmeter große Werkstatt dazu. Eine große Veränderung gab es dann aber doch: So wurde vor zehn Jahren der Naturkindergarten gegründet. „Wir haben immer wieder festgestellt, dass unser Gelände auch für kleine Kinder viel bietet“, sagt Lang.

Zudem hatte sein eigener Nachwuchs seinerzeit den Waldkindergarten Rohr besucht. Das Konzept war ihm also bekannt. Mit der Unterstützung von Eltern wurde im Juni 2002 die erst Kindergartengruppe eröffnet. Vor einem Jahr kam eine zweite Gruppe dazu, so dass im Naturkindergarten auf der Jugendfarm mittlerweile 40 Mädchen und Jungen spielen. Von März an wird es zwölf Ganztagesplätze geben. Dass das Konzept ankommt, zeigt die hohe Nachfrage. „Wir haben rund 65 Kinder auf der Warteliste“, sagt Lang.

Das heilpädagogische Reiten ist einer der Schwerpunkte

Auch behinderte Kinder liegen dem Team der Jugendfarm am Herzen. „Von Anfang an hat das Heilpädagogische Reiten zu unserem Konzept gehört“, sagt Kalka. Die Farm kooperiere mit der Schule für Körperbehinderte, der Bodelschwingh- und der Heilbrunnenschule. Deshalb gebe es eine Reitbahn und eine Reithalle.

Das sei kein Luxus, sondern zwingend erforderlich. „Wir müssen bei jedem Wetter mit den Pferden arbeiten können“, sagt Kalka. Doch nach knapp 40 Jahren muss die Reithalle saniert werden. „Wir hoffen, dass wir im Jubiläumsjahr dafür ein paar Spenden generieren können“, sagt Kalka.

Sicher ist, dass viel Arbeit auf das Team der Jugendfarm zukommt. Denn das erklärte Ziel der Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann, alle Grundschulen mittelfristig zu Ganztagesschulen auszubauen, könnte für die Farm zum Problem werden. „Wenn die Kinder von früh bis spät in der Schule sind, wann sollen sie dann noch auf die Farm kommen?“, fragt Lang. Mit dieser Frage werde sich der Verein in den nächsten Wochen und Monaten beschäftigen und ein neues Konzept entwickeln.

Die Formen müssen sich ändern

„An den Inhalten unserer Arbeit wird sich nichts ändern, aber über die Formen müssen wir nachdenken“, sagt Lang. Berufstätige Eltern würden immer mehr verbindliche Betreuungsangebote nachfragen. „Auf diese neuen Bedürfnisse wollen und müssen wir eingehen“, sagt Lang. Die Anfänge sind freilich schon gemacht – beispielsweise mit verschiedenen Ferienangeboten. Schließlich sollen noch viele Kinder auf dem Jubiläumspferd Merlin reiten.