Heimtückischer Mord oder doch eine Tat aus Affekt? Bei dem Verbrechen an einer Psychologin in Stuttgart-Ost gehen die Meinungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung auseinander. Das Gerichtsurteil soll am Dienstag gesprochen werden.

Stuttgart - Die Tränen fließen und fließen. Während seine Anwältin am Donnerstag im Landgericht Stuttgart über den angeklagten 31-Jährigen spricht, brechen bei ihm alle Dämme. Fast wirkt es, als sei er das Opfer eines Verbrechens. Doch wenige Minuten vorher hat der Staatsanwalt die Höchststrafe für den Mann gefordert, der am 9. März diesen Jahres in Stuttgart-Ost die Mutter seiner Verlobten erstochen und seine schwangere Gefährtin lebensgefährlich verletzt hat. Das Urteil soll am Dienstag um 9 Uhr gesprochen werden.

 

Der 31-Jährige gehört nach Ansicht der Vertreter von Anklage und Nebenklage lebenslang hinter Gitter. Wegen der besonderen Schwere der Schuld soll ihm zudem auch eine frühzeitige Haftentlassung erschwert werden. Der Staatsanwalt ist überzeugt, dass der Angeklagte den Vorsatz hatte, die 61 Jahre alte Psychologin zu töten, weil er ihr die Schuld am Scheitern der Beziehung gab.

Den Angeklagten bezeichnet der Staatsanwalt als eifersüchtig, kontrollbesessen und gewalttätig. Immer wieder sei es zu Streit gekommen, weil die 31-Jährige angeblich zu viel Zeit mit ihrer Arbeit, mit Freunden oder ihrem Pferd verbrachte. Einmal soll der gelernte Koch sie mit dem Kopf gegen das Armaturenbrett des Autos geschlagen haben.

Das Leben der Schwangeren hing am seidenen Faden

Am 9. März kam es zur Trennung. Nach mehreren erfolglosen Telefonaten habe er sich seine Tasche mit den Kochmessern geschnappt und sei zum Haus der Mutter gefahren. Dort habe er die Türen eingetreten, sei mit einem Messer sofort auf die Psychologin losgegangen und habe sie durch Stiche in Hals und Oberkörper getötet, so der Staatsanwalt. Dann stach er auf die künftige Mutter seines Kindes ein, bis eine „Ernüchterung“ eingetreten sei und er den Notarzt rief. Das Leben der Schwangeren hing am seidenen Faden. Noch heute leidet sie schwer unter den Folgen, macht ihre Anwältin klar.

Die Tat räumt der Angeklagte ein, nicht aber den Vorsatz. Seine Rechtsanwältin sieht eine Affekttat und plädiert auf Totschlag, ohne ein konkretes Strafmaß zu fordern. Die Beziehung sei „das Highlight seines Lebens“ gewesen. Die „Hypothesen“ zu einer Tötungsabsicht überzeugten sie nicht. Vielmehr habe ihr Mandant vor allem seine Verlobte halten wollen. „Er hat sich sein Herz rausgeschnitten, alles, was sein Leben ausmachte“, so die Anwältin. Der Angeklagte selbst sagte in seinem Schlusswort, dass es ihm leid tue.