Seit fast zwei Jahren ist Detlev G. in Untersuchungshaft. Nun muss er erneut wegen Mordes vor Gericht. Er gibt nur zu, einen Geschäftsmann aus Hannover zerstückelt zu haben.

Dresden - Ein Mann aus Hannover fährt Anfang November 2013 per Bus nach Sachsen. Es ist die letzte Reise des Geschäftsmanns, der nach Angaben aus seinem Umfeld seit seiner Jugend die makabre Fantasie hat, sich „schlachten“ zu lassen. Auf einer Kannibalen-Seite im Internet war der 59-Jährige im Oktober auf den Kriminalbeamten Detlev G. gestoßen, der davon träumte, eine Leiche zu zerstückeln. Er holt den Gast vom Bahnhof ab und fährt mit ihm in seine Pension im Gimmlitztal (Osterzgebirge). Kurz darauf ist der gebürtige Pole tot. Detlev G. zerstückelt die Leiche und vergräbt die Teile im Garten hinter dem Haus.

 

Knapp drei Jahre nach Bekanntwerden des grausigen Falles wird am 1. November am Dresdner Landgericht der Prozess gegen den vom Dienst suspendierten Beamten des Landeskriminalamtes (LKA) neu aufgerollt. Es ist der zweite Versuch zu klären, ob der Polizist mit dem bizarren Doppelleben den Mann aus Niedersachsen auch getötet hat. Angeklagt ist der 58-Jährige wie beim ersten Mal wegen Mordes und Störung der Totenruhe. Im April 2015 war Detlev G. von einer anderen Kammer deswegen verurteilt worden - aber nur zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten.

BGH hob Urteil auf

Die Richter sahen in dem unbedingten Todeswunsch des Geschäftsmanns einen außergewöhnlichen Umstand und nahmen von dem bei Mord üblichen Lebenslang Abstand. Damit hätten sie Rechtsgeschichte geschrieben, aber der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Leipzig hob das Urteil ein Jahr später auf. Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten jeweils Revision beantragt. Der BGH-Senat kritisierte, dass eine mögliche Selbsttötung des Opfers nur unzureichend und ein Gutachten zu einem verwendeten Seil nur ungenau geprüft worden sei.

Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass Detlev G. Wojciech S. wie geplant umbrachte. Nach ihren Angaben hat der Beschuldigte das anfangs auch gestanden und erst später teils widerrufen. Nun sind die Karten neu gemischt. „Unser Ziel bleibt der Freispruch von Vorwurf des Mordes“, sagte Verteidiger Endrik Wilhelm. „Wir sind noch mehr als zuvor der Meinung, dass sich nicht aufklären lässt, wie der Mann zu Tode kam.“

Opfer wurde erdrosselt

Tatsächlich fehlte beim ersten Mal der Beweis, dass der Angeklagte den 59-Jährigen getötet hat, aber auch der Nachweis, dass dieser selbst Hand anlegte. Laut rechtsmedizinischem Gutachten wurde der Mann erdrosselt. Detlev G. beteuere seine Unschuld und habe nach dem ersten Prozess „nicht viel Vertrauen“ in die Justiz, sagte Wilhelm. Nach seiner Festnahme hatte der Polizist angegeben, seinen Gast auf dessen Wunsch getötet zu haben, kannibalistische oder sexuelle Motive aber bestritten.

Für den Prozess sind vorerst 18 Verhandlungstage bis Mitte Januar geplant und 17 Zeugen geladen - Gutachter, Richter, Ermittler, Polizisten und Angehörige des Getöteten. Ob sich die Anfechtung des Urteils für den Angeklagten auszahlt, ist offen, sagte der Sprecher des Landgerichts. „Von Freispruch bis lebenslänglich ist alles möglich.“ Die BGH-Richter machten jedoch klar: bei einer Verurteilung wegen Mordes ist nur die Höchststrafe möglich.