Der Verdächtige im Freiburger Mordfall hat eine kriminelle Vorgeschichte - in Griechenland. Nach seiner Haftentlassung verließ er das Land trotz Meldeauflagen, eine internationale Fahndung wurde nicht initiiert. Athen weist Vorwürfe von deutscher Seite zurück.

Freiburg - Im Fall der in Freiburg getöteten Studentin hat die Polizei eine Verbindung zu einem Gewaltverbrechen in Griechenland bestätigt. Die Fingerabdrücke des Mannes, der dort verurteilt worden sein soll, seien identisch mit dem dringend Tatverdächtigen im Fall der 19-jährigen Studentin, teilten die Ermittler am Donnerstag mit. „Es handelt sich um ein und den selben Täter“, sagte eine Polizeisprecherin. Das habe ein Abgleich der Fingerabdrücke mit denen in einer griechischen Datenbank ergeben. Die Information habe das Bundeskriminalamt der Freiburger Polizei übermittelt.

 

Bei dem jungen Mann handelt es sich um einen Flüchtling aus Afghanistan, der 2015 nach Deutschland kam. Ihm wird zur Last gelegt, Mitte Oktober eine 19 Jahre alte Studentin in Freiburg vergewaltigt und ermordet zu haben.

Nach dpa-Informationen war der Verdächtige von den griechischen Behörden nur innerhalb des Landes, nicht aber international zur Fahndung ausgeschrieben worden. Weder Interpol noch das Schengener Informationssystem (SIS) seien alarmiert worden, obwohl er Griechenland kurz nach seiner Haftentlassung trotz Meldeauflagen verließ, berichtete auch die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf das Bundesinnenministerium. Auf Anfrage habe die Behörde mitgeteilt, deutsche Sicherheitsstellen stünden „in Kontakt mit den Behörden in Griechenland, um den Sachverhalt aufzuklären“.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sprach von einem „eklatanten Versagen“ griechischer Behörden. Da die Daten des flüchtigen Afghanen nicht in das SIS eingetragen worden seien, sei er nicht als gesuchter Straftäter identifiziert worden, als er im November 2015 auf dem Bundespolizei-Revier Freiburg Asyl beantragte. „Hätten die Griechen ihn zur internationalen Fahndung ausgeschrieben, wäre er uns auch aufgefallen“, sagte BDK-Chef André Schulz der „Bild“ (Donnerstag).

Auch der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka kritisierte das Verhalten der griechischen Stellen. Sollte sich der Sachverhalt so bestätigen, „stellt sich vor allem die Frage, wieso ein verurteilter schwerer Gewalttäter bereits nach so kurzer Zeit aus der Haft entlassen wird und dann auch noch das Land verlassen kann“, sagte Lischka der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). Den griechischen Behörden müsse man dann Vorsatz unterstellen.

Bereits auf Korfu gewalttätig geworden?

Derartige Vorwürfe lässt die griechische Seite nicht gelten. „Die Freilassung war legitim und völlig gesetzeskonform“, sagte der Generalsekretär des griechischen Justizministeriums, Eftyxis Fytrakis, der „Bild“-Zeitung: „Sein Betragen war exzellent. Er besuchte die Schule in der 6. und 7. Klasse, leistete 581 Tage freiwillige Arbeit ab.“

Der mutmaßliche Mörder der Freiburger Medizinstudentin soll auf der Insel Korfu eine 20-jährige Studentin überfallen und eine hohe Klippe hinabgeworfen haben. Das Opfer habe schwer verletzt überlebt.

Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ und der Deutschen Presse-Agentur ist der Verdächtige laut seinem in Griechenland vorgelegten Pass zwar älter als 17 Jahre - mit diesem Alter wurde er auch in Deutschland registriert. Den Daten der griechischen Behörden nach wurde er aber am 1. Januar 1996 geboren und wäre damit schon 20 Jahre alt. Bei seiner Einreise nach Deutschland 2015 hatte er sich als 16-Jähriger vorgestellt. Fraglich ist somit auch, ob der Fall in Freiburg nach Jugendstrafrecht verhandelt wird.