Die Staatsanwaltschaft fordert zehn Jahre Haft für einen Senior aus Ludwigsburg, der seine Frau erschlagen haben soll. Ein Urteil soll in der kommenden Woche fallen.

Ludwigsburg - Die Anklage lautet auf Mord, doch aller Voraussicht nach wird ein 77-jähriger Mann aus Ludwigsburg, der seit dem 1. August vor der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts steht, wegen eines anderen Vorwurfs verurteilt: dem des Totschlags. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung des Angeklagten plädierten am Mittwoch, dem vorletzten Verhandlungstag, dafür, den Mann deswegen zu bestrafen – in unterschiedlich hartem Maß. Während die Staatsanwältin zehn Jahre Haft forderte, hielt sein Verteidiger fünf Jahre Gefängnis für angemessen. Gerade in Anbetracht des Alters des Seniors sei das „menschlich“, sagte der Anwalt.

 

An der Täterschaft des 77-Jährigen gebe es „keine vernünftigen Zweifel“, erklärte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Demnach gehen die Ermittler davon aus, dass der Mann am 6. Januar dieses Jahres gegen 20.30 Uhr seine Ehefrau im Keller des gemeinsamen Hauses im Stadtteil Pflugfelden durch zahlreiche Schläge mit einem Brecheisen getötet hat. Mindestens neun Schläge, so steht es in einem Gutachten der Gerichtsmedizin, trafen das Opfer dabei am Kopf. Die damals 73-Jährige starb schließlich an einem Schädel-Hirn- und einem Thoraxtrauma, auch ihre Lunge wurde verletzt. Eine Notärztin, die vom Sohn des Ehepaares gerufen wurde, konnte gegen 21 Uhr nur noch den Tod feststellen.

Neun Schläge gegen den Kopf

Mindestens so klar wie die Täterschaft ist aus Sicht der Anklage die Absicht des Angeklagten: Er habe töten wollen, sagte die Staatsanwältin. Nicht nachzuweisen sei hingegen ein lange gefasster Plan des Mannes, ebenso wenig Habgier oder ein anderer niederer Beweggrund. Daher gehe man von Totschlag und nicht mehr von Mord aus.

Weniger eindeutig sieht der Anwalt des ehemaligen Elektrikers den mutmaßlichen Tatabend. Es sei nicht klar festzustellen, was in jenen Minuten passiert sei: Ob es einen Streit gegeben habe, ob der Mann seine Frau von vorn oder von der Seite attackierte habe: Nichts davon sei in der Beweisaufnahme eindeutig klar geworden. „Über das Tatgeschehen gibt es nur Spekulationen“, meinte der Jurist.

Aus seiner Sicht ist die Tat in engem Zusammenhang mit der Beziehung der Eheleute zu werten: Seit Jahren habe man nicht mehr miteinander gesprochen, obwohl man sich in dem engen Reihenhaus tagtäglich begegnete. Er verglich seinen Mandanten mit einem Vulkan, der jahrelang vor sich hin schlummerte, in dem der Druck aber immer größer wurde. „Und irgendwann bricht er dann aus.“

Die seit langem zerrüttete Ehe ist auch für die Staatsanwaltschaft das wahrscheinlichste Motiv für die Tat. Immer wieder sei auch Geld ein Anlass für Streit gewesen, Ende des vergangenen Jahres habe die 73-Jährige zum Beispiel erneut mehr Unterhalt verlangt. Dem sei der Angeklagte zwar nachgekommen, doch die Ehefrau habe gegenüber Zeugen gesagt, dass sie Angst vor ihrem Gatten hatte. So schloss sie ihre Zimmer in dem Haus auch stets ab.

Gutachter: der Mann ist vermindert schuldfähig

Einig waren sich Anklage und Anwalt darin, dass der 77-Jährige wohl vermindert schulfähig ist. Vor Jahren erlitt er einen Hirninfarkt und kämpft seither mit epileptischen Anfällen. Laut dem psychiatrischen Sachverständigen Peter Winckler ist die Attacke zwar nicht durch einen solchen Anfall ausgelöst worden. Es sei aber möglich, dass der Mann seine Wut wegen hirnorganischer Veränderungen nicht mehr habe kontrollieren können.

Dass der Angeklagte sich an die Tat nicht erinnert, wie er vor Gericht aussagte, hat laut Gutachten eher keine organische Ursache, sondern liegt daran, dass der Mann die Erinnerung verdrängt. Das Urteil wird am kommenden Mittwoch erwartet.