Das Blindenfußballteam ist nach einer durchwachsenen Saison deutscher Vizemeister geworden.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord - Nach drei Jahren, in denen der MTV Stuttgart den Meistertitel in der deutschen Blindenfußball-Bundesliga souverän errungen hatte, ist in diesem Jahr lediglich der zweite Platz hinter dem SF Blau-Gelb Marburg drin gewesen. „Klar sind wir enttäuscht, aber bei den Verletzungsproblemen, die wir hatten, ist der zweite Platz noch gut“, sagt Lukas Smirek, ein Stammspieler des Teams, der zwar die Saison gut überstand, aber sich kürzlich das Innenbein überdehnte. Der Großteil der Mannschaft fiel verletzt aus. Alexander Fangmann verletzte sich im vergangenen Jahr bei der Qualifikation für die Paralympics am Knie und war fast die ganze Saison außer Gefecht. Mannschaftskapitän Mulgheta Russom brach sich bei einem Trainingslehrgang für die Nationalmannschaft das Wadenbein. „Oft haben wir nur zu dritt spielen können – der vierte Mann war zwar auf dem Platz, damit wir die erforderlichen vier Mann plus Torhüter hatten, konnte aber verletzungsbedingt nicht spielen“, sagt Alexander Fangmann.

 

Beim Blindenfußball treten vier Feldspieler plus Torwart gegeneinander an. Der Torwart ist als einziger nicht blind oder sehbehindert. Alle anderen tragen zusätzlich Augenbinden, um die unterschiedlichen Abstufungen ihrer Sehbehinderung auszugleichen. Gespielt wird mit einem Ball, in dem sich mehrere Rasseln befinden. Zusätzlich hat jedes Team zwei Guides, die hinter dem eigenen und dem gegnerischen Tor stehen und gemeinsam mit dem Trainer die Spieler durch Zurufe lenken können. „Wir sind ja eine recht kleine Truppe, da merkt man es immer gleich sehr, wenn jemand fehlt“, sagt Lukas Smirek.

Eine kleine, aber feine Truppe: Die meisten der MTV-Stuttgart-Spieler sind auch Nationalspieler, und Coach Ulrich Pfisterer, der nicht nur das MTV-Team, sondern auch die Nationalmannschaft trainiert, sagt: „Wir kicken hier nicht nur einfach herum. Das ist eine gute Mannschaft in einem anspruchsvollen Sport.“

Der Blindenfußball ist in Deutschland noch ein junger Sport

Kapitän Mulgheta Russom ist bei einem Autounfall im Alter von 20 Jahren erblindet. Seit 2007 spielt er Blindenfußball. „Der Sport gibt dir Selbstvertrauen“, sagt der 34-Jährige. „Man braucht viel Konzentration und eine gute Kondition.“ Mit großem Enthusiasmus hat er sich in den Sport gestürzt: „Halbe Sachen mache ich nicht.“ Wie seine Teamkollegen wird auch er erleichtert sein, wenn alle Verletzungen ausgeheilt sind und die Mannschaft sich auf die kommende Saison vorbereiten kann. Russom hat große Pläne mit seinen Mitspielern: Nicht nur in der Bundesliga soll es wieder aufwärts gehen, auch die Europameisterschaft 2013 soll anders ausgehen als die im Jahr 2011: Damals konnte sich die deutsche Mannschaft nicht fürs Halbfinale qualifizieren und somit auch nicht für die Paralympics in London.

Der Blindenfußball ist in Deutschland noch ein junger Sport, der erst seit 2006 organisiert und vereinsgebunden ausgetragen wird. „Es wäre schön, wenn unser Sport mehr Beachtung finden würde“, meint Mulgheta Russom. Seiner Meinung nach wäre es dazu auch wichtig, den Blindenfußball dem Deutschen Fußballbund als Verband zuzuordnen – und nicht dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband oder der International Blind Sports Federation (IBSA).

Im April 2013 beginnt die nächste Bundesligasaison. Bereits jetzt freut sich die Truppe des MTV auf den letzten Spieltag: Der findet nämlich in Stuttgart statt. Das ist zwar erst am 14. September 2013, dafür aber gleich vor dem Neuen Schloss – und vor hoffentlich vielen Zuschauern. „Nächstes Jahr holen wir uns den Titel“, sind sich die Spieler einig. „Wir sind eine stärkere Truppe als vergangenes Jahr“, sagt Trainer Ulrich Pfisterer. „Alles, was wir brauchen, sind gesunde Spieler.“