Der neue US-Verteidigungsminister James Mattis und seine Amtskollegin Ursula von der Leyen zeigen sich überraschend einig. Das hält die Deutsche aber nicht davon ab, ein paar mahnende Worte an Donald Trump zu richten.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

München - War da was? Hat US-Präsident Donald Trump die Nato jemals als obsolet bezeichnet? Nach dem Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz zu urteilen schwelgt das Bündnis in bester Harmonie. „Maximale Verunsicherung“ hat Konferenzchef Wolfgang Ischinger noch im Vorfeld festgestellt. Er hoffe, dass am Sonntag einige Bedenken zerstreut seien, sagte er zur Eröffnung am Freitagnachmittag. In der Tat könnte nun eine Beruhigung eintreten. In München wird fortgeschrieben, was sich schon bei jüngsten Treffen in Washington, Brüssel und Bonn angedeutet hat – die Botschaft der USA, weiter zu Europa und der Nato zu stehen.

 

Wie ein alter Freund betont US-Verteidigungsminister James Mattis die Absicht, die „Gemeinschaft zu stärken“ – eine auf „Freiheit, Freundschaft und Vertrauen basierende Allianz“. Präsident Trump habe der Nato seine „volle Unterstützung“ zugesagt. Ausdrücklich bekennt sich Mattis zum Beistandsartikel fünf im Nato-Vertrag. Der Ex-General war schon diverse Male in München, bevor er 2013 als Soldat in Ruhestand ging.

Statt wie Trump im Wahlkampf alles in Frage zu stellen, spricht er lediglich davon, „dass wir das Bündnis anpassen werden“ an Terrorismus, Cyberwar und hybride Kriegsführung. Dies sei der „schwierige Teil“. Er erwarte, dass das Bündnis „dieses Jahr einen Plan mit klaren Daten verabschiedet, damit wir eine faire Lastenverteilung hinbekommen“. Gut durchgeführte europäische Initiativen „unterstützen die Einheit der Nato“.

Lob für die deutsche Führungsrolle in Europa

Der Amerikaner hat „großen Respekt für die deutsche Führungsrolle in Europa“. Das ist der Ton, den auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen anschlägt. Lobt sie den neuen Amtskollegen nicht schon seit Tagen in höchsten Tönen? Erfahren sei er und zuverlässig, habe eine „ausgesprochen starke Position“ sowie eine große Reputation in der amerikanischen Bevölkerung und sei „mit dem Verständnis der Nato aufgewachsen“. Von der Leyen packt den „lieben Jim“ verbal in Watte: „Du hast es sehr, sehr schön gut ausgedrückt, in einer Anhörung vor dem Kongress: Keine Nation ist sicher ohne Freunde.“

Von der Leyen verurteilt die Folter

Mattis ist von der Leyens Speerspitze in Washington. Denn Donald Trump gelten die netten Worte nicht – ohne diesen beim Namen zu nennen, übermittelt sie dem Präsidenten eine klare Botschaft. „Die Lasten gemeinsam zu tragen heißt, jederzeit füreinander einzustehen“, betont die Ministerin. „Dies schließt Alleingänge aus.“ Die Nato sei eine Wertegemeinschaft, in all ihrem Tun der Würde des Menschen verpflichtet. „Dies lässt niemals Raum für Folter, dies verpflichtet uns zur Vermeidung von zivilen Opfern und schießt ein, dass Bedürftige Schutz bekommen.“

Es bedeute auch, wieder zu einem verlässlichen Miteinander mit Russland zu kommen – „nicht bilateral über die Köpfe von Partnern hinweg“. Zudem müsse man sich davor hüten, den Kampf gegen Terror „in eine Front gegen den Islam und Muslime an sich zu verkehren“. Sonst würden Gräben vertieft, „aus denen Gewalt und Terror wachsen“.

Von der Leyen intoniert erneut die Absicht, dass Deutschland und die Europäer „ihre Investitionen in innere und äußere Sicherheit in den kommenden Jahren schneller erhöhen müssen“. Der deutsche Verteidigungshaushalt wächst von 2016 auf 2017 um acht Prozent auf 37 Milliarden Euro. Das Nato-Ziel, zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung für die Verteidigung auszugeben (60 Milliarden Euro im deutschen Fall), verlange einen langen Atem, so von der Leyen. Bis 2024 soll es erreicht werden. Wie Deutschland dabei vorangehen will, wird an diesem Samstag wohl Kanzlerin Angela Merkel verraten.