Der Münsinger Nudelfabrikant Franz Tress plant im Alten Lager, einer ehemaligen Soldatensiedlung, ein familienfreundliches Erlebnisareal. Die Verträge sind unterschriftsreif – doch bis Ende April 2016 sind die früheren Offiziersunterkünfte noch mit etwa 250 Flüchtlingen belegt.

Münsingen - Eine detaillierte Planung für die „Wohlfühlwelt“ liegt bereits vor. Was jetzt noch fehlt, ist der Kaufvertrag. In der ausrangierten Soldatensiedlung Altes Lager in Münsingen (Kreis Reutlingen), die das Militär vor knapp zehn Jahren aufgegeben hat, will der Nudelfabrikant Franz Tress ein „touristisches Erlebniszentrum“ einrichten. Doch das Projekt stockt. Seit Mitte August wohnen dort Asylbewerber. Der Unternehmer Franz Tress hat 1969 mit der Produktion von Teigwaren in Hayingen (Kreis Reutlingen) begonnen, bevor er zehn Jahre später seinen Firmensitz nach Münsingen (Kreis Reutlingen) verlegte. 2012 hat der heute 64-jährige „Pasta-Pionier“ der Schwäbischen Alb den Betrieb seinem Sohn überschrieben. „Um noch einmal etwas Neues zu machen“, sagt Tress senior, der seit knapp drei Jahren mit der ehemaligen Soldatensiedlung Altes Lager mit den 136 Gebäuden liebäugelt.

 

Zusammen mit seiner Frau Annegret plant er, das rund 70 Hektar große Areal aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Sein Motto: „Historische Architektur trifft auf einmalige Natur.“ Unter anderem mit einem Biosphärenmarkt, Gastronomie, Schaf- und Schäfereizentrum, Ferienwohnungen, Chalets, Biergarten, Streichelzoo, Schwimmteichen, Rotwildgehege sowie Konferenz- und Schulungsräumen.

Es soll eine Mischung aus Spaß, Freizeit, Kultur und Sport werden

Franz Tress spricht von einer „familienfreundlichen Anlage, in der man die Biosphäre hautnah erleben kann“. Eine Mischung aus Freizeit, Spaß, Sport und Kultur verspricht der Ideengeber. Er weiß, wovon er spricht. Tress hat vor knapp einem Jahrzehnt die Verbrauchermesse „Schön und Gut“ im Alten Lager mit initiiert.

Im nördlichen Teil des Lagers, wo seit Jahren Veranstaltungen der Automobilindustrie stattfinden, werde sich in Zukunft nicht viel ändern. Auch das ehemalige Offizierskasino soll weiter für öffentliche Veranstaltungen und private Feierlichkeiten genutzt werden. Das Militärmuseum und andere Ausstellungen finden sich ebenfalls in der Konzeption wieder. Das Alte Lager würde dann unter „Albgut“ firmieren.

Seit 2013 laufen die Verhandlungen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). „Wir sind in den vergangenen Monaten ein gutes Stück vorangekommen“, sagt Tress, der lieber heute als morgen loslegen würde. Einige seiner Mitstreiter bemängeln, dass bisher noch nichts geschehen sei, und denken schon darüber nach, sich anderweitig zu orientieren. Deshalb hofft Tress, bis zum Herbst den Notarvertrag unterschreiben zu können.

Als „befristete Notmaßnahme“ sind Flüchtlinge eingezogen

Beinahe wäre das ganze Projekt gestorben. Die grün-rote Landesregierung plante, aus dem Alten Lager eine Landeserstaufnahmestelle zu machen. Erst nachdem der potenzielle Investor samt Münsingens Bürgermeister Mike Münzing (SPD) die „Albgut“-Planung vorgestellt hatte, rückte man von dieser Idee ab.

Zustimmung fand indes das Ansinnen des Landratsamtes Reutlingen, Teile des Alten Lagers als „befristete Notmaßnahme“ mit 250 Asylbewerbern zu belegen. Dazu wurden vier doppelstöckige und zwei eingeschossige Offiziersunterkünfte auf Vordermann gebracht. Die Zimmer sind mit je zwei Betten, einem Spind, einem Kühlschrank, einem Waschbecken und Sitzgelegenheiten ausgestattet. Es gibt Etagenduschen und -toiletten sowie eine Küche im Erdgeschoss. In einem ehemaligen Verwaltungsgebäude der Bundeswehr haben drei Sozialarbeiter, der Hausmeister und der Wohnbeauftragte ihre Büros. Landrat Thomas Reumann hat Tress zugesichert, dass bis Ende April 2016 keine Flüchtlinge mehr im Alten Lager seien. Dieses Versprechen ist für den Investor wichtig. „Ich stehe einen Meter vor dem Tor und möchte den Ball jetzt nicht verlieren“, sagt Tress.

Münsingens Bürgermeister ist froh über den Kompromiss

Bürgermeister Münzing zeigt sich erleichtert, dass man diesen Kompromiss gefunden habe. Er hofft, dass bald Nägel mit Köpfen gemacht werden, denn auch Hochschulen, Wirtschaftsunternehmen, Kunstschaffende, Firmen aus der Region und Künstler sind bei dem Projekt dabei. „Unter nachhaltigen Gesichtspunkten wird im ‚Albgut‘ konsumiert und produziert, um ein beispielhaftes Miteinander von Ökonomie, Ökologie und Sozialem zu schaffen“, ergänzt Tress.

Die Eigentümerin des Alten Lagers, die Bima, zeigt sich zuversichtlich, dass bis spätestens Ende Oktober alles unter Dach und Fach ist. „Wir sind inzwischen relativ weit. Es geht jetzt nur noch um Detailfragen“, teilt Michael Scharf auf Anfrage mit. Er ist bei der Bima für die Liegenschaft in Münsingen zuständig. Das Ehepaar Tress rechnet damit, dass es zehn Jahre dauern wird, das Alte Lager umzugestalten.