Eberhard Bohn, der Mühlenpapst aus Kirchenkirnberg ist 80 geworden. Die mahlenden Technikveteranen sind nach wie vor seine große Leidenschaft. Unter anderem sind gut ein Dutzend Mühlräder nach seinen Plänen entstanden.

Murrhardt - Ihn Mühlenpapst zu nennen, ist durchaus zulässig, auch wenn er nicht nach dieser Bezeichnung giert. Indes: wie der richtige Papst in Rom ist auch er eine unangefochtene Instanz, freilich nur in mühlentechnischer Hinsicht. Die Rede ist vom Mühlenbauer Eberhard Bohn aus dem Murrhardter Stadtteil Kirchenkirnberg tief im Schwäbischen Wald, wo manch prächtiger Mühlenoldie steht.

 

In die Welt der rauschenden Wasserräder im nordöstlichen Zipfel des Rems-Murr-Kreises ist er hineingeboren worden. Sein Vater ist ebenfalls Mühlenbauer gewesen. Sohn Eberhard ist weit und breit der Vertreter einer Handwerkerzunft, wie sie heute nicht mehr existiert und heute feiert er seinen 80. Geburtstag. Sein Name ist eng verbunden mit der Erhaltung historischer Mühlenanwesen im Schwäbischen Wald. ,,Das ist mir immer eine Herzensangelegenheit gewesen“, sagt der Jubilar. Mehr als ein Dutzend knarzender Altmühlen existieren noch rund um Welzheim, Alfdorf und Murrhardt. Nirgendwo im Land gibt es eine solche Mühlendichte.

Immer wenn in den zurückliegenden Jahren eine der Altmühlen schwächelte und fachmännische Hilfe brauchte, war Bohn mit einer fleißigen Rentnerbrigade zur Stelle, um den arthritischen Methusalems Linderung zu verschaffen. Als in den 50er Jahren die meisten Mühlenveteranen nicht mehr konkurrenzfähig waren, und die Besitzer ihre Betriebe stilllegten, da war auch Eberhard Bohns berufliche Zukunft tangiert. Also sattelte er auf Silobau um, ohne freilich die längst im Museumsstatus angekommenen klappernden Mühlen am rauschenden Bach aus den Augen zu verlieren. Er kümmerte sich darum, dass die Mahlstuben einigermaßen intakt blieben und eiernde Wasserräder durch neue ersetzt wurden. „Die Leute wollen Mühlräder sehen, die sich noch drehen“, weiß Bohn aus Erfahrung. Mehr als zwei Dutzend sind nach seinen Plänen entstanden.

Die zahlreichen Mühlenfans, die zu Tausenden zum alljährlichen Mühlentag in den Schwäbischen Wald strömen, können dank Eberhard Bohn erleben, wie die Technikveteranen einst funktionierten, sagt Dietrich Frey, Vorsitzender des Historischen Vereins Welzheimer Wald. Unzähligen Besuchern, auch ausländischen, hat Bohn erklärt, wie es einst tickte, das Gewerbe der Langsamkeit: gemächlich, ohne Hektik. Die Meuschenmühle etwa schaffte an einem Tag höchstens fünf Zentner Korn in Mehl zu verwandeln.

Bohn parliert, wenn er Zuhörer um sich hat, nicht nur über Rüttelsiebe und Walzenstühle und die schwere Arbeit in den Mahlstuben. Der Altmeister der Mühlen würzt seine Ausführungen gerne auch mit Anekdoten und Sagen, die sich um die Mühlen ranken. Da erzählt er dann schaurige Geschichten von Kobolden, die den Müllern zur Hand gegangen sein sollen. Und immer, wenn er eine besonders gruslige Mär zum Besten gibt , da wird es mucksmäuschenstill, dann ist Bohn ein Märchenonkel, eine Rolle, die ihm viel Spaß macht.

Barbara Schunter ist sich sicher, dass es in Deutschland keinen zweiten gibt, der sich im Mühlenwesen so gut auskennt wie Eberhard Bohn. Ihm sei es zu verdanken, dass die Oldies zum Markenkern der Erholungslandschaft rund um Welzheim gehörten, sagt die Geschäftsführerin der Fremdenverkehrgemeinschaft Schwäbischer Wald. Dass der Mühlentag zu einer Erfolgsstory im Schwäbischen Wald wurde, ist laut Landrat Johannes Fuchs vor allem auch ein Verdienst Bohns. Der sei der ,,spiritus rector bei der Bewahrung der reichen Mühlentradition im nordöstlichen Landkreis“. So sieht es auch die Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung, die ihn mit ihrem Ehrenpreis auszeichnete.

Weil für Bohn die Welt der Mühlen nicht im Schwäbischen endete, ging der Kirchenkirnberger oft auch länderübergreifend auf Tour. Er war nicht nur in Europa unterwegs, als Weltreisender der mahlenden Zunft schaute er sich auch in Australien, Japan und China um. Den Radius seiner Unternehmungen hat der Weitgereiste mittlerweile enger gezogen. Wenn aber in seiner Umgebung eine mühlentechnische Frage auftaucht, dann ist er nach wie vor eine gefragte Instanz, der Mühlenpapst aus Kirchenkirnberg.