Was haben Sie unternommen, um Ihren Studiengang in Stuttgart zu behalten?

Czichowsky: Damit haben viele nicht gerechnet. Viele waren überrascht von der Breite an Aktionen. Eigentlich unglaublich, was in der kurzen Zeit alles lief. Jürgen Bothner, Wolfgang Fuhr und ich haben Gespräche mit vielen Landtagsmitgliedern und Fraktionen geführt, offene Briefe geschrieben. Ich glaube, wenn am 22. September keine Bundestagswahlen gewesen wären, dann hätten wir keine Chance gehabt. Ich bin bis heute davon überzeugt, dass das eine große Rolle gespielt hat. Es haben sich aber auch viele Fraktionen wirklich eingesetzt und uns zugehört. Wir haben Straßenmusikaktionen in der Stadt gemacht, Flyer verteilt, in stillen Protesten demonstriert, ein Image-Video gedreht. Bei sämtlichen politischen Vertretern angeklopft. Wir haben uns bei diversen Wahlveranstaltungen versammelt und Flyer verteilt. Wir haben im September zwei große Konzerte organisiert: Das große Solidaritätskonzert im Theaterhaus und das Festival „Stuttgart liebt Jazz & Pop“ im LKA, welches allein von den Studierenden organisiert wurde. And.Y von den Fantastischen Vier hat im LKA gespielt und Florian König von Cro.

Welche Argumente haben Sie aufgeführt?

Braun: Kulturelle Vielfalt stand ganz oben auf der Liste. Was für uns ein weiteres Argument war, war die Kommunikation zwischen den Fakultäten. Bei uns in den Bands gibt es eben nicht nur Jazzer, sondern es ist immer bunt gemischt. Es findet ein kultureller Austausch zwischen den verschiedenen Musikrichtungen statt und das ist was ganz Neues. Es gibt eine gute Jazz-Szene in Stuttgart und die Studenten tragen diese mit.

Czichowsky: Im Prinzip entzieht man dieser Jazz-Szene seine Kinder. Die Existenz eines Studiengangs sorgt dafür, dass immer neue interessante Projekte entstehen und der Jazz mit Nachwuchs versorgt ist. Wenn man den Studiengang in Stuttgart geschlossen hätte, wäre die Jazz-Szene in Stuttgart über kurz oder lang ausgetrocknet. Das ist dann nur eine Frage der Zeit, aber in zehn bis 20 Jahren ist Stuttgart durch so einen Beschluss nicht mehr Jazz-Metropole.

Wie war der Zusammenhalt der Studenten in der schwierigen Zeit? Sind sie zusammengewachsen?

Braun: Zu einem großen Teil schon. Es war allerdings sehr unterschiedlich. Viele mussten schon auch schauen, wo sie selber bleiben. Viele waren auch einfach nicht da, weil eben Semesterferien waren. Viele Konzerte kannst du als Studenten nicht einfach absagen.

Czichowsky: Musiker sind Teamplayer. Wir werden in dem Kontext einer Band erzogen, in dem alle eine solistische, aber auch eine begleitende Funktion haben. Das große Ganze muss funktionieren. Diese Fähigkeit hat diesen Aktionen insgeheim geholfen. Das alles hat die Aufgabenverteilung einfacher gemacht.

Wie haben Ihnen die Politiker konkret geholfen?

Czichowsky: Zum Beispiel durch ihre Anwesenheit beim Solidaritätskonzert im Theaterhaus. Durch verschiedene Äußerungen in der Presse, weshalb der Studiengang wichtig ist für das Kulturleben in der Landeshauptstadt. OB Kuhn hat sich auch öffentlich positioniert und die Kulturbürgermeisterin Eisenmann hat sich in unserem Video zu der Thematik geäußert und sich von den Plänen distanziert und gesagt, dass der Jazz-/Pop-Studiengang in Stuttgart bleiben muss. Das war natürlich eine Aussage, die uns sehr gefreut hat.