Ein Seemann aus Freiburg ist mit seinem nicht mehr seetüchtigen Segelboot auf Norderney gestrandet. Das Schiff lockte zahlreiche Schaulustige an. Damit ist nun Schluss, nachdem der Kahn auf einen Tieflader geladen und auf der Insel zwischengelagert worden ist.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Geister, Gespenster und Klabautermänner  mit Gruselfaktor gibt es zuhauf. Sie beflügeln die Fantasie der Menschen und hausen an schaurigen Orte, oft abseits der Zivilisation. Der Legende nach sind manchmal auch Schiffe ihre unselige Heimstatt - Geisterschiffe.

 

"Geisterschiff"-Kapitän stammt aus Freiburg

Die "Wibo" lag von Montag (6.) bis Freitag (10. November) manövrierunfähig am Weststrand von Orderney. Laut Kapitän sind Motor und Ruder defekt. Foto: NRDNY/Norderney

Das am Montag (6. November) auf der ostfriesischen Insel Norderney gestrandete und zur Touristenattraktion gewordene "Geisterschiff" ist geborgen. Mitarbeiter einer Fachfirma verluden die "Wibo" am Freitag (10. November) bei Ebbe auf einen Anhänger und brachten sie in die Nähe des Inselhafens. Auf Bildern war zu sehen, wie der Segler an einem Bagger befestigt wurde. Der 70-jährige Kapitän war vor seinem abrupten Halt auf Norderney von Hooksiel bei Cuxhaven unter anderem nach Spiekeroog und Juist geschippert.

Der Skipper stammt nach eigener Aussage aus Freiburg im Breisgau. Nun lebe er offenbar auf dem Schiff am Strand der Insel, er habe auch in der Vergangenheit öfter auf seinem Boot zugebracht, erklärte eine Polizeisprecherin. Nachdem er anfangs jede angebotene Hilfe abgelehnt hatte, ist er mittlerweile kooperativer und arbeitet mit Polizei und Inselbehörden zusammen, um sein manövierunfähiges Boot erst vom Strand wegzubekommen und danach wieder flott zu machen. 

Segler wird auf der Insel zwischengelagert

Für Inselbewohner und Touristen war das seltsame Meeresgefährt, das braun und fleckig am Weststrand von Norderney lag, zu einem beliebten Ausflugsziel avanciert. Von einem „Geisterschiff“ wurde gemunkelt. Besucher ließen sich in ihren Schilderungen über den mürrischen „Seebären“, der mit seinem Boot in der Nordsee herumirrte, von Captain Jack Sparrow und den Geisterpiraten aus dem Hollywood-Blockbuster „Fluch der Karibik“ inspirieren.

Wer für die Bergung und den Transport zahlt - der Eigentümer oder die Inselverwaltung -, steht noch nicht fest. Um für die Kosten einer möglichen Reparatur des Schiffes aufzukommen, sammelt eine private Initiative von Inselbewohnern Spenden. Dazu hat sie einen Aufruf auf der Plattform Facebook veröffentlicht.

Das Netz reagiert begeistert

Der in viel Eigenarbeit umgebaute Segler sieht tatsächlich etwas gespenstisch aus, wie auf Bildern und Videos im Netz zu sehen ist.

Ein Fall für das Ordnungsamt

Tatsache ist: Es handelt sich hierbei nicht um eine Gespenstergeschichte, sondern um einen Fall für das Ordnungsamt. „Am Montagmorgen war die Flachboden-Segelyacht noch auf der Nordsee unterwegs“, hatte Polizeisprecherin Wiebke Baden erklärt. „Am Vormittag ist es dann am Strand aufgelaufen.“ 

Also doch kein Geisterschiff. Offenbar konnte der Skipper sein Boot wegen eines Motor- und Ruderschadens nicht mehr manövrieren. Und da auch noch ein Anker fehlt, droht dem Eigner ein Bußgeld. Bei gestrandeten Schiffen sei immer die Frage, wer zuständig sei, sagt Wiebke Baden weiter, die Wasserschutzpolizei oder die Polizei vor Ort.

"Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Segelschiff bei uns strandet", erklärte ein Sprecher der Inselverwaltung. Klar war: Das Schiff musste weg. "Wir haben Sturmflut-Saison. Bei einer starken Flut könnte das Schiff angespült werden und den Küstenschutz beschädigen."

Laut Norderneys Bürgermeister hatte der Seemann Mitte der Woche bereits ein niederländisches Unternehmen beauftragt, sein Segelboot zu bergen. Der Auftrag sei aber geplatzt. Nun hat es glücklicherweise geklappt.

Boot und Kapitän sind auf Norderney keine Unbekannten

Das „Norderney Nordsee-Magazin“ berichtet, dass das Boot selbst gebaut und in der Region nicht unbekannt sei. Augenzeugen wollen es vergangene Woche ohne Licht auf dem Weg nach Juist gesichtet haben. Auch soll es schon mal im Norderneyer Hafen gelegen haben. Offenbar ist der Freiburger öfters auf seinem Segler in der Nordsee unterwegs, so auch in den vergangenen Wochen.

Der Kapitän ist ein „Seebär“ wie aus dem Bilderbuch. Laut Behörden wollte er zuerst mit niemandem reden. Auch die von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) angebotene Hilfe soll er anfangs ausgeschlagen haben. Die Seenotretter hatten nach eigenen Angaben Kontakt zum Kapitän aufgenommen.

DGzRS-Sprecher Ralf Baur sagte: „Wir haben den Kapitän über den Notrufkanal 16 angefunkt. Er sagte, er brauche keine Hilfe und da für ihn keine unmittelbare Gefahr bestehe, hätten wir auch nichts unternehmen müssen.“ Eine Augenzeugin ergänzt: „Er möchte nur seine Ruhe haben und der Segelverein soll ihm wohl helfen, da wieder weg zu kommen.“

Info: Geisterschiffe

Fliegender Holländer
Die bekannteste derartige Gruselgeschichte ist die vom Fliegenden Holländer. Der Sage nach soll ein holländischer Kapitän durch einen Fluch dazu verdammt worden sein, bis zum jüngsten Tag mit seinem Gespensterschiff auf dem Meer umherzuirren, ohne in einen Hafen einlaufen oder Erlösung im Tod finden zu können. Richard Wagner vertonte den Gruselstoff von 1841 bis 1843 in seiner gleichnamigen berühmten Oper.

Geisterschiffe
Als Geisterschiffe gelten Schiffe bezeichnet, die schon verloren geglaubt wurden und verlassen auf hoher See unter mysteriösen Umständen wieder auftauchen oder gesichtet werden. In Filmen, in der Literatur und in der Musik sind solch herrenlose Schiffe ein beliebtes Thema. In der Realität ist die Wahrheit hingegen weit nüchterner. Bei plötzlich verschwundenen und unerwartet wiederauftauchenden Geisterschiffe handelt es sich in der Regel um Versicherungsbetrug oder moderner Piraterie.