Gabriel, so nahmen sie es in der Partei wahr, schien seit dem Jahreswechsel, nach einer überstandenen Operation, eifrig zu üben. Am Wochenende ließ er sich bei einer Demonstration gegen die AfD in Koblenz blicken, er warf sich mit Leidenschaft im Saarland in den Wahlkampf. Er brachte seinen Auftritt auf Facebook und Twitter auf Vordermann. Neulich hielt er in der Fraktion, entgegen seiner Gewohnheit, keine freie, sondern eine vorgefasste Rede an die Abgeordneten, die wie eine Art Blaupause wirkte und in der er die Bundestagswahl zur historischen Richtungsentscheidung erklärte – weil es da um mehr als nur um ein paar Prozente mehr oder weniger gehe, sondern um die Zukunft unserer politischen Ordnung, letztendlich sogar um die Stabilität ganz Europas. Es schien alles für ihn angerichtet.

 

Um Gabriel zu deuten, muss man zurückblicken. Er ist sensibler, als es nach außen hin wirkt. Die Niederlage bei der Landtagswahl 2003 in Niedersachsen, in die er als damals jüngster Ministerpräsident und Hoffnungsträger gestartet war, warf ihn aus der Bahn. Mit professioneller therapeutischer Hilfe arbeitete er sich aus einer tiefen Lebenskrise zurück ins Feld der politischen Schwergewichte: als Umweltminister, seit mehr als sieben Jahren als Vorsitzender seiner Partei. Darauf war er stolz. Die SPD, sie war für den vom Nazivater früh verstoßenen und von einer oft verzweifelten Krankenschwester allein großgezogenen Gabriel über viele Jahre auch Familienersatz. In der Neuauflage der großen Koalition schaffte er dann den Aufstieg zum Vizekanzler.

Das Image als unsteter Geselle wurde er einfach nicht los

Dennoch plagten ihn stets Zweifel. Die Niederlage gegen Christian Wulff hat er nie vergessen. Und Angela Merkel schien für ihn bis zuletzt außer Reichweite. Obwohl er doch bei der Übernahme von Kaiser’s Tengelmann hoch gepokert und am Ende gewonnen hatte. Obwohl er mit einem verwegenen Manöver der Kanzlerin Frank-Walter Steinmeier als gemeinsamen Kandidaten für die Nachfolge von Joachim Gauck aufs Auge gedrückt hatte. Und obwohl Merkel in ihrer eigenen Partei erstmals in ihrer Amtszeit angeschlagen ins Rennen geht.

Die SPD verharrte trotz alledem bei erbärmlichen 20 Prozent. Eine Machtperspektive jenseits der Union ist nicht in Sicht, weder in einer Ampel mit Grünen und FDP noch in einem Bündnis mit Grünen und Linken. Gabriels Beliebtheitswerte blieben unterirdisch. Er wurde sein Image als unsteter Geselle einfach nicht los.

Gabriel hinterlässt in der Partei Trümmer

Was aber wird nun aus Gabriel? Er mochte zwar seinen Wunsch angeben, in welcher Funktion er Martin Schulz gerne sehen würde. Aber in der Hand hatte er das nicht mehr. Er musste sich erst die Unterstützung von Kraft und Scholz sichern. Schnell war aus der Fraktion zu hören, dass Gabriel jetzt nichts mehr zu melden habe. Schon gar nicht nach dieser Flucht aus der Verantwortung, mit der er nicht nur seinen Ruf gefährdet, sondern auch den Anspruch seiner Partei untergräbt, in weltpolitisch schwierigen Lagen ein verlässlicher Anker der Regierung zu sein. Weshalb sollte man, so sagen manche, jetzt ausgerechnet ihm das Auswärtige Amt übertragen? Dennoch akzeptierten Kraft und Scholz Gabriels Personalpaket – wohl auch, um einen offenen Machtkampf zu vermeiden.

Was Gabriel nachhängen wird, bleibt die Art und Weise seines Abgangs. Schon seit November, so ist zu hören, sei ihm klar gewesen, dass er nicht antreten werde. Weshalb also, so fragen sich jetzt viele, diese „Ego-Show“, diese vielen Auftritte, der Zuschnitt des Willy-Brandt-Hauses ganz auf seine Person, die programmatischen Interviews, zuletzt zur Europapolitik, in denen Gabriel seiner Partei Richtungsweisendes zu sagen schien – wie das ein Kanzlerkandidat halt so macht. So dachte man.

Gabriel ist sensibler, als er nach außen hin wirkt

Gabriel, so nahmen sie es in der Partei wahr, schien seit dem Jahreswechsel, nach einer überstandenen Operation, eifrig zu üben. Am Wochenende ließ er sich bei einer Demonstration gegen die AfD in Koblenz blicken, er warf sich mit Leidenschaft im Saarland in den Wahlkampf. Er brachte seinen Auftritt auf Facebook und Twitter auf Vordermann. Neulich hielt er in der Fraktion, entgegen seiner Gewohnheit, keine freie, sondern eine vorgefasste Rede an die Abgeordneten, die wie eine Art Blaupause wirkte und in der er die Bundestagswahl zur historischen Richtungsentscheidung erklärte – weil es da um mehr als nur um ein paar Prozente mehr oder weniger gehe, sondern um die Zukunft unserer politischen Ordnung, letztendlich sogar um die Stabilität ganz Europas. Es schien alles für ihn angerichtet.

Um Gabriel zu deuten, muss man zurückblicken. Er ist sensibler, als es nach außen hin wirkt. Die Niederlage bei der Landtagswahl 2003 in Niedersachsen, in die er als damals jüngster Ministerpräsident und Hoffnungsträger gestartet war, warf ihn aus der Bahn. Mit professioneller therapeutischer Hilfe arbeitete er sich aus einer tiefen Lebenskrise zurück ins Feld der politischen Schwergewichte: als Umweltminister, seit mehr als sieben Jahren als Vorsitzender seiner Partei. Darauf war er stolz. Die SPD, sie war für den vom Nazivater früh verstoßenen und von einer oft verzweifelten Krankenschwester allein großgezogenen Gabriel über viele Jahre auch Familienersatz. In der Neuauflage der großen Koalition schaffte er dann den Aufstieg zum Vizekanzler.

Das Image als unsteter Geselle wurde er einfach nicht los

Dennoch plagten ihn stets Zweifel. Die Niederlage gegen Christian Wulff hat er nie vergessen. Und Angela Merkel schien für ihn bis zuletzt außer Reichweite. Obwohl er doch bei der Übernahme von Kaiser’s Tengelmann hoch gepokert und am Ende gewonnen hatte. Obwohl er mit einem verwegenen Manöver der Kanzlerin Frank-Walter Steinmeier als gemeinsamen Kandidaten für die Nachfolge von Joachim Gauck aufs Auge gedrückt hatte. Und obwohl Merkel in ihrer eigenen Partei erstmals in ihrer Amtszeit angeschlagen ins Rennen geht.

Die SPD verharrte trotz alledem bei erbärmlichen 20 Prozent. Eine Machtperspektive jenseits der Union ist nicht in Sicht, weder in einer Ampel mit Grünen und FDP noch in einem Bündnis mit Grünen und Linken. Gabriels Beliebtheitswerte blieben unterirdisch. Er wurde sein Image als unsteter Geselle einfach nicht los.

Gabriel hinterlässt in der Partei Trümmer

Was aber wird nun aus Gabriel? Er mochte zwar seinen Wunsch angeben, in welcher Funktion er Martin Schulz gerne sehen würde. Aber in der Hand hatte er das nicht mehr. Er musste sich erst die Unterstützung von Kraft und Scholz sichern. Schnell war aus der Fraktion zu hören, dass Gabriel jetzt nichts mehr zu melden habe. Schon gar nicht nach dieser Flucht aus der Verantwortung, mit der er nicht nur seinen Ruf gefährdet, sondern auch den Anspruch seiner Partei untergräbt, in weltpolitisch schwierigen Lagen ein verlässlicher Anker der Regierung zu sein. Weshalb sollte man, so sagen manche, jetzt ausgerechnet ihm das Auswärtige Amt übertragen? Dennoch akzeptierten Kraft und Scholz Gabriels Personalpaket – wohl auch, um einen offenen Machtkampf zu vermeiden.

Am frühen Abend machte das Präsidium der Partei Nägel mit Köpfen. Man habe sich einstimmig auf Martin Schulz als Kanzlerkandidaten festgelegt, sagten Schulz und Gabriel und taten dabei so gelassen, als sei nichts weiter passiert. Am Mittwoch soll Schulz der Fraktion vorgestellt werden. Anfang März soll er als neuer Parteichef gewählt werden. Dann wird man sehen, ob es dem Neuen gelingt, die Trümmer beiseitezukehren, die Sigmar Gabriel hinterlässt