Nach dem Tod eines verwahrlosten Kindes im Kreis Tuttlingen wird das Jugendamt kritisiert.

Stuttgart - Nach dem Tod eines verwahrlosten Kleinkindes in Aldingen (Kreis Tuttlingen) kritisiert der Kinderschutzbund die Behörden. „Wenn eine Mutter zwei vereinbarte Termine mit dem Jugendamt nicht wahrnimmt, müssen doch alle Alarmglocken klingeln“, sagte Landesgeschäftsführerin Verena Mohnke der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart.

 

Die Termine im Mai seien auf Hinweise der Schule hin anberaumt worden, dass der neunjährige Sohn der 24-jährigen Alleinerziehenden nicht mehr regelmäßig zum Unterricht erscheine.

„In einem solchen Fall sollte man doch auf die Mutter zugehen und aktiv nach den Gründen der Verweigerung fragen“, erklärte Mohnke. Diese habe auch deshalb nicht ohne Konsequenzen bleiben dürfen, da die Frau und ihre drei Kinder schon zuvor auffällig geworden seien. „Eine Abklärung wäre nötig gewesen.“

"Bei Überforderung hilft kein Drohen"

Das knapp zwei Jahre alte Mädchen war laut Obduktion am Sonntag an einem Herz-Kreislaufversagen infolge von Unterernährung und Flüssigkeitsmangel gestorben. Das Kind sei außerdem total verwahrlost gewesen. Die beiden Brüder, fast drei und neun Jahre alt, waren mit der Schwester am Pfingstwochenende stundenlang alleingelassen worden und sind jetzt in Pflegefamilien. Die Mutter sitzt in Untersuchungshaft. Ihr wird Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen.

Mohnke sagte, die Behörden müssten generell mehr niedrigschwellige Hilfen anbieten. So stelle der Kinderschutzbund geschulte Familienpaten bereit, die überforderte Eltern im Alltag entlasten könnten. „Zudem muss den Eltern die Angst genommen werden, dass ihnen das Jugendamt die Kinder entziehen könnte.“ Mütter und Väter müssten aufgeklärt werden, dass der Entzug der Kinder ein allerletzter Schritt sei, wenn alle Angebote und Hilfen nichts brächten.

Zuvor reiche es oft, die Kinder für eine gewisse Zeit in eine Pflegefamilie zu geben, sagte Mohnke. Dann könnten die Eltern mit Hilfe von außen ihr Leben wieder in den Griff bekommen. „Bei Überforderung hilft kein Drohen, da muss den Betroffenen auch immer unter die Arme gegriffen werden."