Nach dem tragischen Unfall in einer Eisdiele in Bremervörde kam es zu unschönen Szenen mit Gaffern. Deshalb will Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius das Fotografieren und Filmen von Unfallopfern verbieten. Experten sind unsicher, ob das sich Verbot durchsetzen lässt.

Stuttgart - Es war ein tragischer Unfall, der sich am Sonntag im niedersächsischen Städtchen Bremervörde ereignete: Eine Frau raste mit ihrem Auto frontal in eine Eisdiele. Ein zwei Jahre alter Junge und ein 65-jähriger Mann starben, mehrere Menschen wurden schwer verletzt. Ein schlimmer Anblick für die an den Einsatzort eilenden Polizisten und Rettungshelfer – doch die Szenen, die sich dort kurze Zeit später abspielten, machten sie vor allem wütend: Eine Gruppe Jugendlicher und ein 25-Jähriger filmten die Rettungsarbeiten aus kurzer Entfernung. Vor allem der junge Mann behinderte die Einsatzkräfte, wie der Polizeisprecher Heiner van der Werp gegenüber dem NDR schilderte. Als die Feuerwehr ihn aufforderte, sich zu entfernen, kam der Mann mit Verstärkung zurück. „Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung“, so van der Werp. Dabei soll der Gaffer einen Polizisten in den Schwitzkasten genommen haben, zwei Beamte wurden leicht verletzt.

 

„Das macht mich unglaublich wütend“, sagt Boris Pistorius wenige Tage später. Der niedersächsische Innenminister (SPD) bezeichnet die „Video-Attacken“ von Schaulustigen als „abstoßend“ und als einen „schweren Angriff auf die Würde der Opfer“. Immer öfter stelle man außerdem fest, dass derartige Aufnahmen „mit Hilfe sozialer Netzwerke unmittelbar und faktisch unlöschbar verbreitet werden, mit dem einzigen Ziel, sich im Netz damit wichtig zu machen“. Seine Empörung will der Minister nun juristisch kanalisieren: Nach seinem Willen soll das Fotografieren und Filmen von Unfallopfern verboten werden. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf will Pistorius nach der Sommerpause vorlegen und dann umgehend in den Bundesrat einbringen.

Experten sind unsicher, ob das Verbot sich durchsetzen lässt. Den Schaulustigen jedenfalls würde so nicht das Handwerk gelegt: „Gaffen per se ist halt nicht strafbar“, so Dieter Kugelmann, Professor für Polizeirecht an der Polizei-Hochschule Münster. Käme das Gesetz, würde aber zumindest das Internet nicht mehr am Leid der Opfer teilhaben. Und auf der Autobahn würde der Gaffer vielleicht nicht erst das Smartphone zücken, bevor er mit Schrittgeschwindigkeit am Unfallort vorüberrollt.