Stürmisch sollte allerdings nur die Musik sein, nicht der Auftritt der Band. Lehn selbst gab die Richtung vor: immer korrekt in Smoking mit Fliege oder in Anzug mit Krawatte gekleidet, leitete er sein Orchester mit der Konzentration "einer gespannten Stahlfeder", wie sein Freund "Blacky" Fuchsberger einmal sagte. Er steuerte die Band mit kleinen Handbewegungen und einem Fingerschnippen. Nicht immer stand Jazz auf dem Programm, auch wenn Lehn genügend Asse in der Band hatte, ob nun Horst Jankowski, Bobby Burgess oder Charlie Antolini. So kam es zu vielen Auftritten mit Schlagerstars wie Peter Alexander und Udo Jürgens, mit Ilse Werner, Bibi Johns und Caterina Valente.

Erwin Lehn war im Besitz einer Kickers-Dauerkarte


Kein wichtiges Konzert, kein großer Ball war fortan denkbar ohne die Lehn-Band, rund neuntausend Aufnahmen mit dem saftigen Lehn-Sound füllten das Südfunk-Schallarchiv - bis zum Jahr 1991. Da befanden die Verantwortlichen des Senders, dass der Etat des Orchesters halbiert werden müsse. Erwin Lehn, der mit seiner Familie längst zum Wahl-Stuttgarter samt Kickers-Dauerkarte geworden war, nahm seinen Abschied - enttäuscht, aber als ein Herr, der er immer gewesen war. Weder der Ministerpräsident, der ihm das Bundesverdienstkreuz ausgehändigt, noch der Wissenschaftsminister, der ihm den Titel eines Professors an der Stuttgarter Musikhochschule verliehen hatte, konnten den Bruch verhindern.

Bis 1997 leitete Erwin Lehn, der Gentleman unter den Orchesterleitern, die Bigband der Staatlichen Hochschule für Musik in Stuttgart. Und unvergessen werden seinen Fans auch die gemeinsamen Auftritte mit den großen drei der deutschen Bandleaderszene bleiben - der "Swing-Legenden" Paul Kuhn, Max Greger und Erwin Lehn. Große Konzerte, die von einer ansonsten vergangenen Qualität zeugten.