Der Sohn eines pommerschen Reichsbankbeamten kennt den Zugang zu den Mächtigen. Sogar KPdSU Chef Nikita Chruschtschow empfängt ihn. Beitz wächst in die Rolle eines Botschafters im Kalten Krieg. Das Fundament dafür hat er 1940 gelegt: Für die Hamburger Shell AG leitet er in dieser Zeit die Ausbeutung der Ölfelder von Baryslaw in Polen. Dort rettet er mindestens 7000 Polen und Juden vor dem sicheren Tod in der Gaskammer, dafür wird er später in Yad Vashem geehrt.

 

An der Seite des scheuen Alfried Krupp prägt Beitz den Konzern. Wo Krupp schweigt, genießt der Generalbevollmächtigte das Rampenlicht. „Ein gewisses Maß an Eitelkeit streite ich nicht ab“, gibt Beitz zu und fügt lächelnd hinzu, „es gehört zum Selbstbewusstsein eines Menschen.“

In den Jahren 1967 und 1968 erhält dieses Selbstbewusstsein den einen oder anderen Dämpfer. Alfried Krupp stirbt plötzlich an einem Herzinfarkt. Er bestimmt Beitz zwar an der Familie vorbei zu seinem Testamentsvollstrecker, aber der Konzern wankt. Die Montankrise erschüttert das Haus Krupp, und die Banken verweigern dem Unternehmen nötige Kredite. Im Revier geht das Gespenst einer Krupp-Pleite um. Am Ende sichern staatliche Bürgschaften über 300 Millionen Mark das Überleben; in Anspruch nimmt sie der Konzern indes nicht. Berthold Beitz muss in das kleinere Gästehaus der Villa Hügel ziehen, bleibt aber Vorsitzender der Krupp-Stiftung, die bis heute eine Sperrminorität an Thyssen-Krupp hält.

Der Konzern blüht wieder auf – allerdings um den Preis häufiger Wechsel auf dem Vorstandssessel. „Ich habe als Testamentsvollstrecker den Willen des Erblassers zu erfüllen“, bekräftigt er immer wieder. Aus dem Hintergrund lenkt er den Konzern wie ein Eigentümer, vorbei kommt an ihm niemand. 1976 braucht das Unternehmen erneut Geld. Beitz beschafft es, weil er den Schah von Persien für eine Beteiligung gewinnt. Dieser investiert 1,3 Milliarden Mark in den Ruhrkonzern. „Krupp, das ist mein Leben“, antwortet Beitz all jenen, die fragen, wo die eigentliche Strategie liegt.

Gelassene Haltung bei Kritik

Krupp befreit sich von den Fesseln, die die Alliierten der einstigen Rüstungsschmiede des Dritten Reiches angelegt haben. Die Zahl der Beschäftigten steigt zwischen 1951 und 1961 von 13 000 auf 113 000; der Essener Konzern erobert viele Auslandsmärkte. Daran beteiligt ist Beitz, der zu einem Pionier des Ostgeschäftes wird.

Beitz im Rampenlicht

Der Sohn eines pommerschen Reichsbankbeamten kennt den Zugang zu den Mächtigen. Sogar KPdSU Chef Nikita Chruschtschow empfängt ihn. Beitz wächst in die Rolle eines Botschafters im Kalten Krieg. Das Fundament dafür hat er 1940 gelegt: Für die Hamburger Shell AG leitet er in dieser Zeit die Ausbeutung der Ölfelder von Baryslaw in Polen. Dort rettet er mindestens 7000 Polen und Juden vor dem sicheren Tod in der Gaskammer, dafür wird er später in Yad Vashem geehrt.

An der Seite des scheuen Alfried Krupp prägt Beitz den Konzern. Wo Krupp schweigt, genießt der Generalbevollmächtigte das Rampenlicht. „Ein gewisses Maß an Eitelkeit streite ich nicht ab“, gibt Beitz zu und fügt lächelnd hinzu, „es gehört zum Selbstbewusstsein eines Menschen.“

In den Jahren 1967 und 1968 erhält dieses Selbstbewusstsein den einen oder anderen Dämpfer. Alfried Krupp stirbt plötzlich an einem Herzinfarkt. Er bestimmt Beitz zwar an der Familie vorbei zu seinem Testamentsvollstrecker, aber der Konzern wankt. Die Montankrise erschüttert das Haus Krupp, und die Banken verweigern dem Unternehmen nötige Kredite. Im Revier geht das Gespenst einer Krupp-Pleite um. Am Ende sichern staatliche Bürgschaften über 300 Millionen Mark das Überleben; in Anspruch nimmt sie der Konzern indes nicht. Berthold Beitz muss in das kleinere Gästehaus der Villa Hügel ziehen, bleibt aber Vorsitzender der Krupp-Stiftung, die bis heute eine Sperrminorität an Thyssen-Krupp hält.

Der Konzern blüht wieder auf – allerdings um den Preis häufiger Wechsel auf dem Vorstandssessel. „Ich habe als Testamentsvollstrecker den Willen des Erblassers zu erfüllen“, bekräftigt er immer wieder. Aus dem Hintergrund lenkt er den Konzern wie ein Eigentümer, vorbei kommt an ihm niemand. 1976 braucht das Unternehmen erneut Geld. Beitz beschafft es, weil er den Schah von Persien für eine Beteiligung gewinnt. Dieser investiert 1,3 Milliarden Mark in den Ruhrkonzern. „Krupp, das ist mein Leben“, antwortet Beitz all jenen, die fragen, wo die eigentliche Strategie liegt.

Gelassene Haltung bei Kritik

Als eigentliche Stärke entwickelt er ein Gespür dafür, aussichtslose Kämpfe am Ende zu gewinnen. 1997 startet er die feindliche Übernahme des größeren Unternehmens Thyssen, und er gewinnt die Partie. Gerhard Cromme, der den Kampf an vorderster Front führt, erhält für seinen Erfolg ein großes Lob. „Ich halte Cromme für einen erstklassigen Mann, von dem ich noch viel erwarte“, sagt Beitz. Das ist der Ritterschlag für Cromme, der zu dieser Zeit felsenfest davon ausgehen kann, eines Tages Nachfolger von Beitz an der Spitze der Stiftung zu werden.

Doch auch diese Geschichte geht vollkommen anders aus als geplant. Weil die Verluste von Thyssen-Krupp vor allem in Südamerika immer bedrohlicher werden, opfert Beitz seinen Ziehsohn im Frühjahr 2013 eiskalt. Noch immer hat er ein sicheres Gespür für Entwicklungen. Wer etwas will, muss zu ihm in die erste Etage des Gästehauses der Villa. Dort eröffnet er Cromme in einem kurzen Gespräch, dass dessen Zeit im Unternehmen abgelaufen ist. Beitz tut das auch deshalb, weil nicht wenige nach seiner Mitverantwortung fragen, bei seiner Machtfülle kann er nicht nur auf andere zeigen. Nicht zuletzt die Nachfahren der Krupps sind unzufrieden mit dem Patriarchen. „Seit 30 Jahren steht Beitz nun an der Spitze von Krupp, und er hat sein Haus noch nicht bestellt, ein Haus, das in keinem besonders guten Zustand ist, das renoviert und von Grund auf erneuert werden muss“, schimpft eine Nichte Alfrieds, Diana Maria Friz.

Beitz selbst reagiert auf diese Kritik äußerlich gelassen. Der alte Herr fährt sich bei entsprechenden Fragen durch das schlohweiße Haar, dann fixiert er sein Gegenüber. Obwohl er sich vor einiger Zeit noch zu Alfrieds Todestag an dessen Grab fotografieren lässt, neben dem er jetzt begraben wird, bestreitet er vehement, sich wie der letzte Krupp zu fühlen. „Ich bin nicht der letzte Krupp, ich bin der letzte Beitz.“ Und auf die Frage, wie denn sein Verhältnis zur Macht sei, antwortet er ungerührt: „Dazu kann ich erst etwas sagen, wenn ich keine Macht mehr habe.“ Gesprochen hat der Herr der Ringe.