Bald können Reisende auch frühmorgens mit der S-Bahn den Flughafen erreichen. In einem Jahr startet das Angebot, das für den Verband teuer wird.

Stuttgart - Der Verkehrsausschuss der Regionalversammlung hat am Mittwoch einstimmig die Weichen für einen weiteren Ausbau des S-Bahn-Angebots gestellt. In einem Jahr werden die S-Bahnen zunächst in den Nächten von Freitag auf Samstag, von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten vor Feiertagen im Stundentakt verkehren. Das gilt für alle sechs Linien in der Region. Damit kann zumindest an diesen Tagen auch die seit Jahren erhobene Forderung verwirklicht werden, dass Reisende aus der Region den Flughafen schon um 4.30 Uhr erreichen können. Das ist für die frühesten Chartermaschinen, die um 5.50 Uhr starten, nötig. Das Angebot der Nachtbusse in die Region, die heute noch am Stuttgarter Schlossplatz starten, wird dann eingestellt.

 

Die Kosten für die neue Nacht-S-Bahn betragen 1,6 Millionen Euro im Jahr. Weil vom Land Zuschüsse erwartet werden, geht die Region von einer Belastung von rund 1,1 Millionen Euro jährlich für ihren Verkehrsetat aus, der über eine Umlage von der Stadt Stuttgart, den Kreisen Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr gespeist wird. Sollte die S-Bahn auch in der Nacht von Donnerstag auf Freitag (wie es die Stuttgarter Straßenbahnen mit ihren Nachtbussen plant) fahren, kommen mindestens 500 000 Euro hinzu. Dies stehe als nächster Schritt an, hieß es.

Viele Partygänger nutzen die Nachtbusse

In der Region bestehen seit vielen Jahren Nachtbussysteme, die vor allem von jungen Partygängern genutzt werden. In Stuttgart und in einzelnen Landkreisen gibt es zudem örtliche Verbindungen. Die Region bietet seit zehn Jahren regionale Nachtbusse an, die entlang der S-Bahn-Achsen von Stuttgart in die umliegenden Kreise fahren. Dieses Angebot wird stark genutzt, die Fahrgastzahlen, die anfangs bei 40 000 lagen, haben sich verfünffacht. Allerdings lösen die überfüllten Busse bei den Nutzern Unmut aus. 30 Prozent der Fahrgäste, auf Linien mit besonders hoher Nachfrage sogar noch mehr, klagen über zu volle Busse. Mehr können aber nicht eingesetzt werden, da es für sie zu wenig Platz zum Halten am Abfahrtsort, dem Stuttgarter Schlossplatz, gibt. Deshalb hat der Verband Region Stuttgart, der für die S-Bahnen und den regionalen Nachtbus zuständig ist, seit einiger Zeit mit dem Einsatz der S-Bahnen in der Nacht geliebäugelt. Das scheiterte an den hohen Kosten. Jetzt wird der Plan konkret, da die Buskapazitäten nicht mehr ausreichen.

Nach dem Konzept verkehren je nach Linie in der Zeit zwischen 1 Uhr und 5 Uhr im Stundenabstand drei S-Bahn-Züge (siehe Tabelle) auf allen Linien und in beiden Richtungen. Allerdings findet das neue Konzept nicht nur Begeisterung. Die Landkreise befürchten höhere Umlagekosten. Am drastischsten formuliert das der Rems-Murr-Kreis. Er befürchtet, kein Geld mehr für die Nachtbusse im Kreisgebiet zu haben, wenn er wegen der Nacht-S-Bahn mehr an den Verband Region Stuttgart bezahlen muss. Aber es gibt noch weitere Kritikpunkte: So wird der zeitlich große Abstand zwischen der letzten regulären S-Bahn und der ersten Nacht-S-Bahn moniert, er beträgt zwischen 55 und 90 Minuten. Für die Region ist das kein Problem, da die späten S-Bahnen zumeist von Besuchern von Kulturveranstaltungen genutzt würden, während die Nacht-S-Bahnen ein Publikum ansprechen, „das erst am späten Abend ausgeht, um spät am Morgen wieder zurückzufahren“, sagt Jürgen Wurmthaler, der Nahverkehrsexperte der Region.

Streit um die Finanzierung

Streit wird es wohl auch darüber geben, wer die Busanschlusssysteme finanziert, die von großen S-Bahn-Stationen die Fahrgäste in der Nacht zu weiteren Zielen fahren. Die Kreise sehen dabei die Region in der Pflicht, da die regionalen Nachtbusse diese Feinerschließung teilweise mit abdecken. Der Regionalverband betont, dass dafür allein die Kreise zuständig seien.

Alle Fraktionen begrüßten das neue Angebot. „Das ist ein Gewinn an Geschwindigkeit und an Sicherheit“, sagte der CDU-Regionalrat Rainer Ganske. Die S-Bahnen seien videoüberwacht, und es seien Streifen unterwegs. Bernhard Maier von den Freien Wählern räumte ein, dass es in der Fraktion skeptische Stimmen gegeben habe. „Wir erkennen aber an, dass es das Bedürfnis gibt, und wir müssen das erfüllen.“ Maier, früher Landrat im Kreis Böblingen, wies die Kritik der Kreise zurück. Die Verkehrsumlage werde nicht erhöht, es würden eingesparte Mittel für das Angebot eingesetzt.