Der Zughersteller Bombardier und die Bahn wollen die Anfang Juli aus dem Linienverkehr gezogenen S-Bahnen vom Typ ET 430 wieder einsetzen – allerdings ohne das störanfällige Schiebetrittsystem.

Stuttgart - Der Zughersteller Bombardier und die Bahn wollen die Anfang Juli aus dem Linienverkehr gezogenen S-Bahnen vom Typ ET 430 wieder einsetzen – allerdings mit deaktivierten Schiebetritten. Dieser Schritt könnte noch vor dem am 9. Oktober vom Verband Region Stuttgart (VRS) geplanten S-Bahn-Gipfel erfolgen.

 

Dann soll nach Lösungen für die andauernde S-Bahn-Misere in der Region gesucht werden. Tausende von Pendlern klagen seit Monaten über massive Verspätungen und verpasste Anschlüsse. Wegen des störanfälligen Tür- und Schiebetrittsystems war der Fahrbetrieb mit den neuen Fahrzeugen nach kurzer Zeit wieder eingestellt worden, nachdem mehrere Züge, wie berichtet, mitten im Berufsverkehr auf offener Strecke und in Tunnelabschnitten liegen geblieben waren.

Ein Sprecher des Eisenbahn-Bundesamts bestätigte auf StZ-Anfrage, „dass Bombardier uns inzwischen angezeigt hat, dass die Schiebetritte vorübergehend deaktiviert werden sollen, bis das Unternehmen eine dauerhafte Lösung gefunden hat“. Für die Bonner Aufsichtsbehörde ist die geplante Deaktivierung der umstrittenen Schiebetritte „nicht genehmigungspflichtig“. Es gelte aber der Grundsatz, dass das verantwortliche Verkehrsunternehmen jederzeit die Sicherheit des Eisenbahnbetriebs gewährleisten müsse. Auch die Entscheidung, die Züge wegen der Probleme mit den Tritten aus dem Verkehr zu ziehen, sei eine unternehmerische Entscheidung der Bahn gewesen, heißt es in Bonn.

Derzeit laufen Testfahrten zur Fehleranalyse

„Ein übergangsweiser Betrieb der neuen S-Bahnen ohne den Einsatz der Schiebetritte ist aktuell mit der Bahn in der Prüfung und in der Abstimmung“, bestätigt Immo von Fallois, Unternehmenssprecher von Bombardier. Das Eisenbahn-Bundesamt habe gegen den übergangsweisen Betrieb ohne Tritte nichts einzuwenden. Von den 87 bestellten S-Bahnen befinden sich laut Bombardier schon 13 im Bahnbetriebswerk Plochingen. „Dort sind wir mit eigenem Personal vor Ort“, erklärt Fallois. Es werde intensiv daran gearbeitet, die aufgetretenen Störungen in der Türsteuerungssoftware und an den Schiebetritten zu beseitigen.

Die Fehlersuche laufe in enger Abstimmung mit dem französischen Zulieferer der Schiebetritte. Momentan liefen Testfahrten zur Fehleranalyse. „Außerdem erproben wir schon verschiedene technische Lösungen“, erklärt der Sprecher des Zugherstellers. Es sei auch eine umfassende Softwarelösung für die Türsteuerung mit Tests und Gutachten in Vorbereitung, die allerdings noch vom Eba genehmigt werden müsse. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass die S-Bahn so rasch wie möglich wieder fahren können“, so von Fallois.

Auch bei der Talbot Services GmbH in Aachen, die das S-Bahn-Werk im Sommer von Bombardier übernommen hat, gibt es Anzeichen, dass bald wieder längst gebaute ET- 430-Züge ausgeliefert werden können. „Die Bahn will Mitte September die Endabnahme der Fahrzeuge wieder aufnehmen“, heißt es in den traditionsreichen Talbot-Waggonhallen an der Jülicher Straße in Aachen. Man müsse nur noch sechs Bahnen bauen, um den Auftrag abzuwickeln.

Software-Update wurde von Eba-Kontrolleuren genehmigt

Hinsichtlich der zunächst nur mit Auflagen erteilten Zulassung des neuen S-Bahn-Typs ET 430 hat Bombardier inzwischen bei den Eba-Kontrolleuren etliche Pluspunkte gesammelt: Die Aufsichtsbehörde hat dem Unternehmen am 12. Juli ein Software-Update für die nicht fehlerfreie Zugsteuerungssoftware genehmigt. Damit entfielen alle Auflagen, die noch in der im Frühjahr mit „ergänzenden betrieblichen Weisungen“ für die Zugführer erteilten eingeschränkten Zulassung enthalten waren.

„Die Probefahrten von Bombardier mit dem ET 430 sollen klären, ob das Fahren mit deaktiviertem Schiebetritt alltagstauglich ist“, sagte ein Bahn-Sprecher am Mittwoch. Anfang Juli hatte S-Bahn-Chef Hans-Albrecht Krause nach dem abrupten Ende aller ET-430-Dienstfahrten erklärt, man werde den Fahrgastbetrieb mit den neuen Bahnen erst wieder aufnehmen, „wenn wir das verantworten können“.

„Mit abgeschalteten Tritten hat die S-Bahn einen Fehler weniger“, sagt Matthias Lieb, der Landesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Es blieben aber noch sehr viele Mängel übrig, die rasch behoben werden müssten.