Der private Investor Veolia steigt vorzeitig aus dem Vertrag mit der Stadt Pforzheim aus. Die Stadt übernimmt wieder den Busverkehr, Veolia muss allerdings alle bis 2016 auflaufenden Defizite übernehmen.

Pforzheim - Das Interesse des französischen Transportunternehmens Veolia 2006 war groß an der Übernahme des Stadtverkehrs in Pforzheim. Die Stadt hatte entgegen heftiger Bürgerproteste die Stadtbusse privatisiert und dem Konzern nach einer europaweiten Ausschreibung einen Anteil von 51 Prozent verkauft. Erstmals in Deutschland hat damit ein privates Unternehmen den öffentlichen Nahverkehr einer Großstadt betrieben.

 

Offensichtlich aber hat sich das Unternehmen übernommen bei dem Versuch, bei der Ausschreibung mit einem Kampfangebot Fuß zu fassen auf dem kommunalen Verkehrssektor. Anfang August ist Veolia nach langen Verhandlungen mit der Stadt vorzeitig aus dem Zehn-Jahresvertrag ausgestiegen, der eigentlich erst Ende 2016 ausgelaufen wäre. Die Stadt und Veolia Verkehr haben jetzt eine Beteiligungskaufvertrag unterschrieben. Damit gehört die SVP GmbH und CO.KG, an der Veolia 51 und die Stadt 49 Prozent gehalten hatten, bis Ende 2016 wieder zu hundert Prozent der Stadt Pforzheim.

Verluste im zweistelligen Millionenbereich

Die bis dahin weiterhin auflaufenden Verluste allerdings trägt Veolia alleine. Das Defizit für Veolia dürfte sich dem Vernehmen nach innerhalb der zehnjährigen Vertragslaufzeit auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag beziffern. Der Stadt sei es gelungen, heißt es in einer Mitteilung, die SVP „lastenfrei“ zu stellen, also sowohl bereits bestehende Verbindlichkeiten wie auch die bis 2016 zu erwartenden Verluste bei Veolia Verkehr zu belassen und bestehende Risiken abzudecken. Kein Wunder, dass der Oberbürgermeister Gert Hager (SPD) jüngst bei der Vertragsunterzeichnung „von einem guten Tag für Pforzheim“ sprach. Damit könne die Qualität des ÖPNV aufrecht erhalten werden.

Das Ziel der SVP-Geschäftsführerin Claudia Wiest ist es nun, mit der erfolgten Erstattung des prognostizierten Defizits durch Veolia bis zum Jahresende 2016 auszukommen und „eine schwarze Null“ zu erreichen. Der einst von der Stadt so gut ausgehandelte Verkehrsvertrag mit allen Leistungen im Stadtbusverkehr bleibe erhalten. Dazu zählen etwa ein 15-Minuten-Takt auf allen Buslinien, ein Haltestellenabstand von maximal 400 Metern, die umweltfreundlichen Schadstoffklassen Euronorm 5 beziehungsweise 6 für die Busse, die Bezahlung des Personals nach Tarif sowie der Anschluss möglicher neuer Industriegebiete ans Stadtbusnetz. „Da hat sich die Stadt abgesichert“, sagt Wiest.

Europaweite Ausschreibung wird vorbereitet

Wie es dann 2017 weitergeht mit dem Stadtbusverkehr, ist noch nicht entschieden. Demnächst sollen die Vorbereitungen für eine europaweite Ausschreibung im kommenden Jahr eingeleitet werden. „Die SVP ist aufgefordert, ein Eigenangebot abzugeben“, sagt die Geschäftsführerin, die sich dem Wettbewerb stellen will. Immerhin wisse sie um die Risiken und werde einen „realistischen Preis“ aufrufen.

Fest steht: Alles muss neu verhandelt werden. Die Frage wird sein, ob sich nach den Erfahrungen von Veolia ein neuer privater Investor findet, ob der bisher so gute Verkehrsvertrag aufgeschnürt wird oder ob die Stadt von ihrem Einsparziel und dem verhandelten, jährlich sinkendem Zuschuss abrückt. Noch 2005, vor der Privatisierung, mussten die städtischen Verkehrsbetriebe – die über die Beteiligungsgewinne bei den Stadtwerken finanziert werden – 7,8 Millionen Euro finanzieren.

Im vergangenen Jahr waren es nur noch 5,2 Millionen Euro. Ebenfalls fest stehen dürfte auch: der Busverkehr wird teurer werden – aufgrund steigender Dieselpreise und Lohnerhöhungen beim Personal. Diese Kosten allerdings werden nicht mit Fahrpreiserhöhungen aufgefangen werden. Es wird ein „politischer“ Preis ausgehandelt werden müssen: Was ist der Stadt eine umweltfreundliche Mobilität wert?