Der Nabu beklagt den Verlust von Mähwiesen. In den letzten fünf Jahren seien einer Studie zufolge 36 Prozent dieser Lebensräume verloren gegangen. Das ist besorgniserregend, sagt Matthias Strobl vom Nabu.

Stuttgart - Keinen Grund zum Feiern gibt es für den Naturschutzbund Nabu. Trotz des 20-jährigen Bestehens der EU-Richtlinie Flora-Fauna-Habitat und dem damit verbundenen Bemühen aller Mitgliedstaaten die Artenvielfalt zu erhalten, sind vor allem die sogenannten Mähwiesen dramatisch zurückgegangen. Das trifft deutschlandweit zu, wie aus einer Studie des Bundesverbands hervorgeht.

 

Auch im Südwesten steht es schlecht um die mageren Bergwiesen mit Goldhafer, Bärwurz oder Großer Sterndolde (auf der Schwäbischen Alb und im Schwarzwald) sowie um die mageren Flachlandwiesen mit Glatthafer, Wiesen-Salbei oder Margerite, die als artenreiches Grünland extensiv bewirtschaftet werden sollten, erläutert der Nabu-Agrarexperte Matthias Strobl. Laut der Studie seien in neun dieser ausgewiesenen FFH-Gebiete im Land in den letzten fünf Jahren im Schnitt 36 Prozent dieser Lebensräume verloren gegangen, im FFH-Gebiet „Blumberger Pforte und Mittlere Wutach“ waren es sogar 76 Prozent.

Hauptgründe für den Verlust seien die Düngung oder die Intensivierung der Grünlandnutzung durch häufigeres Mähen – weil etwa mehr Milchkühe im Stall stehen, aber der Betrieb die Futterflächen nicht erweitern konnte, oder weil das Mähgut statt in den Stall in Biogasanlagen wandert. Dazu kämen die Beweidung der Mähwiesen oder der Umbruch des Grünlands mit anschließender Ackernutzung. Letzterem hat der Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) mit dem Grünlandumbruchverbot bereits einen Riegel vorgeschoben.

Der Schwund der Mähwiesen ist „besorgniserregend“

Dieser Schwund des extensiven Grünlands sei besorgniserregend, erklärt Strobl. Für die 25 000 Hektar in FFH-Gebieten könne er nachgewiesen werden. Weitaus dramatischer dürfte der Rückgang auf den nicht unter Schutz stehenden 50 000 Hektar Flächen sein, die dennoch zu diesem Lebensraum zählen. Auch für diese Gebiete gelte im übrigen das sogenannte „Verschlechterungsverbot“ von Natura 2000-Gebieten der EU, gegen das „in großem Umfang“ verstoßen werde.

Der Nabu fordert deshalb von der Landesregierung „ein ehrliches Angebot“ an die Landwirte, also eine angemessene Förderung für diese gesellschaftliche Aufgabe. Zudem sollten endlich für alle FFH-Gebiete die vorgeschriebenen Managementpläne erstellt und überprüfbare Schutzziele sowie Kontrollkartierungen festgelegt werden. Das Agrarministerium bestätigt einen „erheblichen Verlust“ in den letzten fünf bis sechs Jahren und macht den Ausbau der Biogasanlagen dafür verantwortlich. Den „ungünstigen Erhaltungszustand“ der Mähwiesen habe man nach Brüssel melden müssen. Nun gelte es, die verlorenen FFH-Lebensräume „zurückzuholen“.

Ministerium dringt auf Wiederherstellung der Mähwiesen

Zum einen wurde ein „Infoblatt Natura 2000“ herausgegeben mit Erläuterungen für die Landwirte, „Wie bewirtschafte ich eine FFH-Wiese?“, zum anderen weist das Ministerium in einem Erlass darauf hin, dass die nicht mehr vorhanden Mähwiesen wieder hergestellt werden müssen. Das Ministerium bietet den Landwirten zunächst an, sich freiwillig in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag ohne Entgelt dazu zu verpflichten. Sanktionen – Bußgeld oder Rückforderung von Fördermitteln – soll es vorerst nicht geben. Insofern stößt der Rat des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands auf dieses Angebot nicht einzugehen, weil es als Eingeständnis der Verschlechterung gewertet werden könnte, im Ministerium auf Unverständnis.

Schutz der Artenvielfalt

FFH-Richtlinie:
Vor 20 Jahren haben sich die Mitgliedsstaaten der EU in der so genannten Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG) dazu verpflichtet, EU-weit bedrohte Arten und Lebensräume umfassend zu schützen. Zusammen mit der 1979 erlassenen und 2009 novellierten Fassung der Vogelschutzrichtlinie (2009/147/EG) ist sie das umfassendste Naturschutzinstrument der EU.

Natura 2000:
Wesentlicher Baustein für den Erhalt der Biologischen Vielfalt ist die Einrichtung eines europäischen Netzes von Natura-2000-Schutzgebieten. Im Südwesten umfassen diese rund 17,3 Prozent der Landesfläche (bundesweit 15 Prozent). Gemäß der FFH-Richtlinie sind 260 Gebiete mit 414 247 Hektar ausgewiesen. Dazu kommen 90 Vogelschutzgebiete mit insgesamt 390 000 Hektar. Zum Teil überschneiden sich die Flächen. akw