Dennoch sieht es nicht nach Zufall aus, dass selbst diese Form passiven Widerstandes, die nun 2011 ihre erfolgreiche Fortsetzung fand, durch Zugezogene in die nötigen Bahnen gelenkt wurde: erst durch den Niedersachsen Hermann Kokenge und nun durch den aus Karlsruhe stammenden Hans Müller-Steinhagen. Beiden hatte man diese Verantwortung in ihrem Amt als Rektor der TU Dresden übertragen. Man vertraute darauf, dass die Wissenschaftler sich aus den Rivalitäten alteingesessener Parteigänger heraushalten würden. Denn dass unter Dresdens Demokraten noch immer kein Minimalkonsens darüber besteht, was im Widerstand legal, was legitim, was einfach nötig ist, um dem Treiben wirksam ein Ende zu bereiten, zeigt der 19. Februar. Zentrale Aktionen seitens der Stadtoberen wird es nicht geben. CDU-Stadtchef Lars Rohwer wettert schon wieder nassforsch gegen linke Protesttouristen, die man in Dresden nicht brauche. Immerhin kündigte seine Partei nun zusammen mit der FDP eine Mahnwache an der neuen Dresdner Synagoge an.

Aktiver und wohl auch wirksamer agiert dagegen die Kirche. Eine konfessionsübergreifende sächsische Arbeitsgruppe Kirche für Demokratie wird am Samstag die gesamte Stadt mit einem Netz von insgesamt 49 Mahnwachen überziehen. Es ist als Spagat gedacht, um sowohl Dresdener Stille zu wahren, als auch den Neonazis möglichst wenig Raum zu lassen.

Auch hierin spiegeln sich bittere Erfahrungen wider. Denn als vor Jahren ein erster zaghafter bürgerlicher Widerstand gegen die Neonaziumzüge einsetzte, steckten sich deren Protagonisten eine weiße Rose ans Revers.

Das nahm durchaus auch Anleihen an der Widerstandsgruppe um die Geschwister Scholl, wurde aber in den Medien noch mit einer Dresdner Legende umstrickt: Eine Frau soll 1945 nach den Luftangriffen im Schutt ihres Hauses den Rest eines Porzellantellers gefunden haben - darauf eine heil gebliebene weiße Rose. Doch kaum war das Symbol an der Öffentlichkeit, wurde es schon von der NPD missbraucht. Auch deren führende Köpfe steckten sich eine weiße Rose an und marschierten damit dann vor großen Transparenten, auf denen sie zugleich den "Bombenholocaust" zu geißeln versuchten. Mittlerweile ergänzt der Zusatz "Zur Überwindung von Krieg, Rassismus und Gewalt" die Blume.

Prominente wie Konstantin Wecker haben sich angesagt


Ob es am Samstag wirklich still bleibt, weiß keiner. Die Polizei rechnet mit 3500 bis 4000 Rechtsextremen, einigen Tausend Linksautonomen und bis zu 20.000 friedlichen Demonstranten aus ganz Deutschland. Auch Prominente haben sich angesagt, so der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), die Grünen-Politiker Claudia Roth und Volker Beck und der Liedermacher Konstantin Wecker. 250 Busse sollen Antifa-Aktivisten aus ganz Deutschland an die Elbe bringen.

Dresdens Polizeichef Dieter Hanitsch setzt drum wieder auf eine "strikte Trennung der Lager" und damit ein Konzept, das bereits am vergangenen Sonntag aufgegangen sei. Die etwa 1300 Neonazis durften nur in der Neustadt demonstrieren, ihre Gegner nur in der Altstadt. Dennoch war es am 13. Februar auch etwa 2000 meist jungen Protestanten vom Bündnis "Nazifrei! Dresden stellt sich quer" gelungen, am Neustädter Bahnhof dem braunen Zug gewaltfrei entgegenzutreten. Auch diesmal werde es ihnen darum gehen, so ein Sprecher des von Gewerkschaften und linken Parteien unterstützten Netzwerkes, den rechtsextremen Marschierern "in Sicht- und Hörweite" ihren Widerstand zu signalisieren. Mithin gehe es darum, den "europaweit größten Naziaufmarsch zu verhindern", so Linke-Stadtrat André Schollbach. Friedliche und gewaltlose Blockaden wie 2010 halte man dabei für probate Mittel.

Allerdings laufen seitdem einige Gerichtsverfahren, in denen sich NPD-Ableger gegen jene "Beschneidung ihres demokratischen Demonstrationsrechtes" wehren. Erst am Freitag hat das Dresdener Verwaltungsgericht entschieden, dass sie an drei Stellen in der Stadt demonstrieren dürfen.