Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn hat den bereits 2015 angekündigten Masterplan für die Entwicklung des Neckars vorgelegt. Damit soll der Neckar an Aufenthaltsqualität gewinnen.

Stuttgart - Das Projekt, Stuttgart als Stadt am Fluss erlebbar zu machen, geht in eine neue Runde. Am Montag haben OB Fritz Kuhn sowie Städtebau- und Umweltbürgermeister Peter Pätzold (beide Grüne) den vor zwei Jahren angekündigten Masterplan vorgestellt. Darin sind auch einige bereits umgesetzte Maßnahmen aufgelistet, vor allem aber viele neue. Bis 2022 ist eine Hand voll Teilprojekte vorgesehen, weitere neun von 2022 bis 2035, und zehn sind für später angedacht.

 

„Das ist ein deutlicher Sprung bei der Konkretion“, meinte Kuhn. Damit mache man die Vision von der Stadt am Fluss „glaubhaft und umsetzbar“, sagte der OB, während er mit einigen Mitarbeitern und Medienvertretern auf der Stadt Stuttgart, dem Verwaltungsboot und Eisbrecher der städtischen Hafengesellschaft, über den Neckar schipperte. Man müsse verhindern, dass sich bei den Menschen eine „Visionsermüdung“ einstelle. Jahr für Jahr sollen Teilprojekte begonnen und andere fertiggestellt werden, die für die Menschen bei Radtouren erfahrbar werden.

Baubürgermeister verspricht „Umsetzung von starken Projekten“

Pätzold hob hervor, man sei mächtig vorangekommen, seit Ende 2015 bei den Haushaltsberatungen 14,5 Millionen Euro für eine Planungsoffensive und erste Maßnahmen in den städtischen Etat eingestellt worden seien. Nun kämen bald „starke Projekte zur Umsetzung“.

Beispiel 1: Die Schiffsanlegestelle Lindenschulstraße soll – voraussichtlich von November 2018 an – zum Erlebnisort ausgebaut werden mit einem begehbaren Steg, einer Treppenanlage am Ufer und mit einer neuen Platzgestaltung am Damm, der auf Kosten der benachbarten Straße erweitert wird. Die spätere Verlängerung flussaufwärts ist nicht ausgeschlossen. Bereits der geplante Abschnitt kostet im Bau 1,4 Millionen Euro, die Planung schlug mit 165 000 Euro zu Buche. 320 000 Euro übernehme der Verband Region Stuttgart, sagte Kuhn.

Beispiele 2 und 3: Wasenufer und Wasenquerung. Von Höhe Reitstadion bis zur König-Karls-Brücke soll bis 2022 ein urbanes Flussufer mit Aufenthaltsqualität hergestellt werden, dazu eine neue Anlegestelle, an der auch Flusskreuzfahrtschiffe standesgemäß ankommen können. Bei dieser Anlegestelle soll zwischen Campingplatz und Reitstadion auch ein Grünbereich an den Neckar münden. Er soll an der Mercedesstraße beginnen und den Bewohnern des neuen Wohngebiets im Neckarpark dienen. Diese Wasenquerung, heißt es im Rathaus, habe Kuhn mit einem Machtwort durchsetzen müssen, weil die Verantwortlichen für das Festgelände Bedenken gehabt hätten. Tatsächlich versteht der OB den Bereich Wasenufer als „zentralen Bestandteil“ des Planwerks, weil es stattlich lang ist und für viele Menschen leicht zugänglich sein kann. Die Wasenquerung steht außerdem für einen anderen „systematischen Ansatz“, den die Verwaltungsspitze und der Stadtplaner Wolfgang Maier verfolgen: Etliche Grünzüge, die wie der Kurpark in Bad Cannstatt bisher knapp vor dem Neckar enden, und nahe gelegene Wohngebiete wie den Hallschlag wollen sie mittels Erweiterungen des Grüns oder Spazierwegen mit der Flusslandschaft verbinden. Im Lauf der Zeit.

Auch Mineralbad Leuze rückt in den Blickpunkt

Beispiel 4: Am sogenannten Hechtkopf in Bad Cannstatt will man eine Anlage schaffen, von der sich beste Ausblicke neckarabwärts und zu den Weinbergen bieten. Das Genehmigungsverfahren läuft, die Umsetzung ist 2019 vorgesehen.

Beispiele 5 und 6: In den Auwiesen bei Hofen soll eine bedeutsame „Naturoase“ entstehen: ein Ökosystem unter Wasser mit Flachwasserzonen. Dafür plant man eine Verbindung mit dem Neckar. Unweit davon, und das ist wieder für die Menschen gedacht, wird an der Austraße im Bereich Tapach am Uferpark gebaut.

Langfristig gibt es weitere interessante Vorhaben. So solle sich das Mineralbad Leuze, bisher durch eine Mauer vom linken Neckarufer getrennt, öffnen. Das Baden im Fluss ist wegen möglicher Krankheitserreger in der Hochwasserfracht im Neckar zwar Zukunftsmusik; Pontons, auf denen sich Leuze-Besucher aufhalten könne, seien aber vorstellbar, sagte Maier, vielleicht sogar ein Badeschiff mit normalem Flusswasser, das vor Hochwasser geschützt ist.

OB erwartet sich ästhetisch reizvolles Ergebnis

OB Kuhn ist sich sicher, dass Stuttgart einmal eine Stadt am Fluss sein wird, deren Flusslandschaft sich allerdings von Flüssen in Städten wie Heidelberg oder Tübingen unterscheiden werde – weil man am Neckar hoffentlich noch lang lebendige Industrie habe. Der Mix von Nutzungen werde aber auch „ästhetisch reizvoll“ sein. Auch bezahlbar? Man kenne keine Kosten für das Gesamtprogramm, sagte Kuhn, der Masterplan werde aber irgendwann auch verändert werden. Die Perlenkette, die man am Neckar knüpfe, werde man sich aber sicher leisten wollen und können, weil man Perle um Perle kaufe, nicht die komplette Kette.

In Stufe 2 des Zeitplans (ab 2022) sind entlang des 20 Kilometer langen Neckarabschnitts in Stuttgart folgende Projekte vorgesehen: Neue Mitte Mühlhausen, Fährhausplatz Hofen, Uferpark Austraße (am eigentlichen Neckarufer), Maßnahmen beim Viadukt, Umgestaltung von Mühlgrün und künftiges Kurparkufer, Rosensteinufer und Neckarknie, Umgestaltung beim Krananleger in Gaisburg sowie ein grünes Band am alten Neckarlauf bei Obertürkheim. Die Vorhaben sollen, soweit sie noch nicht beschlossen sind, Zug um Zug angegangen und vom Gemeinderat beschlossen werden.

Langfristig sind Deckel über der B 10 ein Thema

Für den Bereich Neckarknie mit einer Uferlänge von 1,4 Kilometern ist ein Ideenwettbewerb ausgelobt, der im März 2018 entschieden werden soll. Für den Neckarabschnitt Mühlgrün in Bad Cannstatt soll im Jahr 2019 ein Realisierungswettbewerb stattfinden.

Im Lauf der Zeit wird es weitere Themen geben, von denen man sich im Rathaus einen großen Gewinn für die Stadt erwartet: etwa ein Deckel über der B 10/14 beim Berger Steg und/oder beim künftigen Gasheizkraftwerk Gaisburg. Die Diskussion, was auf dem freiwerdenden Kohlelager passiere, sei eröffnet, sagte OB Kuhn.