Die Daimler AG denkt vorerst nicht daran, die Mercedes-Welt zu erweitern. Stattdessen will sie ihr Parkplatzangebot für Mitarbeiter ausweiten. Das stößt bei der Stadt auf wenig Gegenliebe.

Stuttgart - Wie die Zeit vergeht: 2017 jährt sich zum zehnten Mal die Ankündigung von Daimler, die aus Museum und Niederlassung bestehende Mercedes-Welt im Neckarpark erweitern zu wollen. Damals hieß es, neben dem in Fellbach ansässigen Classic-Center, der Anlaufstelle für Oldtimerbesitzer aus aller Welt, sollten ein Forschungszentrum sowie Ausstellungsflächen für die Kunstsammlung des Unternehmens entstehen. Das dafür von der Stadt erworbene sechs Hektar große Grundstück liegt immer noch brach und wird trotz eines internationalen Ideenwettbewerbs, aus dem Anfang 2014 das bekannte New Yorker Büro Rex hervorging, auch so schnell nicht bebaut werden.

 

„Die weitere Planung ist zurückgestellt“, so Unternehmenssprecherin Silke Walters auf StZ-Anfrage. Die Planung werde „im nächsten Schritt mit der Neuordnung der Markenpräsenz in Stuttgart abgestimmt“. Die Prioritäten haben sich verschoben. Das Unternehmen konzentriert sich, um „noch näher am Kunden“ zu sein, auf die Vergrößerung der Autohäuser, etwa an der Heilbronner Straße.

Aufgeschoben sei nicht aufgehoben, meint Daimler: Die Classic-Bereiche (Archive, Sammlung und das Oldtimerreparaturzentrum) würden sehr wohl in die Mercedesstraße umziehen, ein Zeitplan und die Ausgestaltung würden derzeit erarbeitet.

Der Betriebsrat kritisiert die Parkplatzsituation

In der Zwischenzeit soll zumindest ein Teil der Fläche genutzt werden, und zwar als Stellplatz. Die Parkplatzsituation auf beiden Seiten des Werks Untertürkheim sei angespannt, sagt der für das Thema Mobilität zuständige Betriebsrat in der Zentrale, Werner Funk. Er fordere seit Langem, dass Unternehmen, Verkehrsbetriebe und Stadt ein Mobilitätskonzept entwickelten, das die Luftsituation verbessere und den Beschäftigten Erleichterung verschaffe. Neben Kontrollen zur Einhaltung der Ordnung und dem An- und Ausbau von bestehenden Parkhäusern sowie einer besseren Anbindung an den ÖPNV hält er auch „ein weiteres Parkhaus im Zuge des Ausbaus der Mercedes-Welt“ für nötig. Infolge von Neubauten und Kernsanierungen werde sich schließlich die Belegschaft im Laufe der Zeit um 1500 Mitarbeiter erhöhen. Das erhöhe den Parkdruck und Suchverkehr.

Der Anfang ist schon gemacht. Für die umfassende Sanierung eines in die Jahre gekommenen Bürogebäudes ist schon ein kleiner Teil der von der Stadt erworbenen Fläche an der Jelinekstraße geschottert worden. Das soll aber nur der Anfang sein. Die weiterführende Planung wird nach den Sommerferien eine Debatte im Rathaus entfachen, ist doch der Beschluss zum Verkauf der Sportflächen für die Mercedes-Welt-Erweiterung vielen Stadträten in unguter Erinnerung. Erst nach mehrheitlichem Ja erwähnte die Verwaltung, dass auch eine Stichstraße von der Talstraße bis zum Grundstück genehmigt worden sei.

Das gekaufte Grundstück ist noch immer eine Sportfläche

Daimler hat das Grundstück, auf dem sich vier Sportplätze befanden, für 15,9 Millionen Euro erworben und den Kaufpreis längst bezahlt, planungsrechtlich ist der als Parkplatz vorgesehene Teil des Mercedes-Welt-Erwartungslands aber immer noch eine Sportfläche. Im Zuge des Geschäfts ist der VfL Stuttgart auf die andere Stadionseite gezogen, sein Rasenspielfeld war von der Stadt vorübergehend zurückgemietet worden. Laut Amtsleiter Günther Kuhnigk ist es aber mittlerweile nicht mehr zu gebrauchen.

Der marode Zustand ist aus Sicht von Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) kein Freifahrtschein, nun einfach diese Fläche am Rande der Bezirkssportanlage zu schottern und zu beparken. Stadtsprecher Sven Matis bestätigte den Wunsch von Daimler nach „einer temporären, ebenerdigen Einrichtung“ zum Parken auf einer „Teilfläche ihres Geländes“. Pätzold betont aber auch: „Eine dauerhafte Herstellung von Stellplätzen lässt das aktuelle Baurecht nicht zu.“

Daimler bietet noch kein Jobticket an

OB Fritz Kuhn (Grüne) hat in dieser Woche im StZ-Interview die Autoproduzenten dafür gelobt, dass sie „unser Maßnahmenbündel beim Feinstaubalarm“ unterstützten; die Firmen hätten „verstanden, dass die hohen Luftschadstoffwerte dem Standort schaden“. Die Hilfe ist unterschiedlich ausgeprägt: Anders als die Porsche AG bietet Daimler seinen Beschäftigten bis jetzt kein vergünstigtes Jobticket für den öffentlichen Nahverkehr an. Vergleichsweise gering ist der Anteil der ÖPNV-Nutzer aber auch, weil dies durch kostenloses Parken und günstige Leasingkonditionen für Neuwagen begünstigt werde, will Betriebsrat Funk gerne einräumen. Er sei sich aber sicher, dass die Angst des Unternehmens vor einem Umsatzrückgang unbegründet wäre: „Ein Jobticket brächte nicht einen Neuwagen weniger.“ Je weniger Kilometer durch die Fahrt zum Arbeitsplatz und lästige Parkplatzsuche entstünden, desto günstiger wäre dies für die Beschäftigten.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass zu gewissen Schichtzeiten An- oder Abfahrt für die Beschäftigten mit Bus oder Bahn nicht oder nur schwer möglich sind. Die Werksbusse, die Personal aus weit entfernten Gebieten transportierten, seien leider vor Jahren eingestellt worden, bedauert Funk. Womöglich würden sie bald als eine Hilfsmaßnahme wieder notwendig, wenn vor dem Hintergrund zu hoher Werte bei Feinstaub und Stickoxidbelastung in Stuttgart Fahrverbote verhängt würden.

Linie U 19 soll einmal bis vors Museum fahren

Eine weitere wäre die Verbesserung des Nahverkehrsangebots, um mehr Beschäftigte zum Umstieg zu bewegen. Hier regt sich etwas. Von Oktober an wird die Stadtbahn-Linie U 19 im Zehn-Minuten-Takt zwischen Neugereut und Wasen pendeln. Die Stuttgarter Straßenbahnen AG teilte zudem mit, sogar die Weiterführung entlang der Mercedesstraße bis fast vors Daimler-Werkstor zu untersuchen.

Darüber und über den provisorischen Parkplatz wird zwischen Rathausspitze und der Werkleitung aber noch zu reden sein. Ziel der Gespräche sei, so Stadtsprecher Matis, „den Standort zu stärken“. Im September wolle man sich treffen. Bürgermeister Peter Pätzold möchte allerdings erreichen, dass die Unternehmensvertreter ihr Vorhaben im Technischen Ausschuss selbst vorstellen – so wie das etwa die Firma Porsche mit ihren Ausbauplänen in Zuffenhausen getan hat oder auch die Allianz-Versicherung. Daimler-Verantwortliche meiden dagegen das Rathaus fast schon traditionell und schaffen dann vollendete Tatsachen, heißt es in der Verwaltung. Betriebsrat Funk fordert seit Langem einen besseren Austausch zwischen den Werkplanern und der Stadtverwaltung. Kommunikationsprobleme attestiert er allerdings auch Fritz Kuhn: Seine Mail an den OB sei bis heute nicht beantwortet worden.